Montag, 23. Mai 2011

Obamas Rede an die Menschen der MENA Region

Das Individuum geniesst Vorrang


Als die US-Seals in Abbottabad in Bin Ladins Haus eindrangen, stellten sich ihnen Leute in den Weg, unter anderem auch eine Frau. Die Seals schossen auch die Frau nieder, um an ihr Ziel Bin Ladin zu kommen, den sie dann mit Kopfschuss niederstreckten - statt ihn gefangen zu nehmen und vor ein ordentliches Gericht zu stellen. Der Vorrang des Individuums.

Noch während der Live-Übertragung der Rede von US-Präsident Obama lief unter seinem Konterfei die Tickermeldung durch, dass im US-Guantanamo-Gefängnis sich ein Häftling selbst umgebracht hat. Der Vorrang des Individuums.

Als Ende der 90er Jahre in Russland die demokratische Ära Jelzin zu Ende ging und ein GeheimdienstOffizier namens Putin zunehmend die politische Bühne des Kreml betrat, wurde es für die in der Jelzin-Ära gross und mächtig gewordenen TV-Mogule ungemütlich. Eines Tages trat ein junger Geheimdienst-Kollege von Putin vor die Presse und sagte, er habe von seinem Geheimdienst den Auftrag bekommen, einen der TV-Mogule zu töten, aber er weigere sich, den Auftrag auszuführen. Der junge, hoffnungsfrohe Geheimdienstler hiess Alexander Litvinenko. Danach war sein Leben bedroht. Er hatte nicht lange vorher geheiratet und einen kleinen Sohn. Mit der Hilfe von Freunden und durch ein paar raffinierte Vorkehrungen gelang es ihm, mit Frau und Kind, in die Türkei zu fliehen. Doch die Türkei konnte nur eine Zwischenstation sein. Mittels einiger weniger internationaler, einflussreicher Freunde bat er die USA um Asyl. Die USA baten um Bedenkzeit. Schliesslich schlugen sie dem Individuum, das Rückgrat gegen das Böse gezeigt und das westliche Demokratie- und Marktmodell verteidigt hatte und eine junge Familie zu schützen hatte, die Tür vor der Nase zu. Das Ende der Geschichte ist bekannt: 2006 wurde Alexander Litvinenko in London durch ein Attentat umgebracht, aller Wahrscheinlichkeit nach vom russischen Geheimdienst im Auftrag Putins. Hätten die USA ihm Asyl gewährt, wäre es wohl kaum dazu gekommen. Der Vorrang des Individuums.

Die USA dulden keine Aggression über Ländergrenzen hinweg, in der MONA-Region


Muss man dazu nochwas sagen? Ich tue es trotzdem:
NATO bombt sich den Weg zum libyschen Erdöl frei
So wie NATO und überhaupt die Mächtigen der Welt agieren wird doch immer deutlicher, dass sie sich selbst als Weltregierung verstehen. Ob Obama der EU empfiehlt die Türkei aufzunehmen, ob das US-Militär einfach in eine Stadt in Pakistan fliegt, dort Bin Ladin und seine Leibgarde erschiesst und seine Computer mitnimmt, ob die USA seit Jahren das Militär in Ägypten mit Milliarden Dollar sponsert und ausbildet, und damit Einfluss auf die ägyptische Politik nimmt, ob NATO aktuell den libyschen Regierungschef Gaddafi aus seinem Land bombt um freien Zugriff auf die gigantischen libyschen Erdöllagerstätten zu bekommen, ob die Allierten in Afghanistan seit Jahren immer wieder massenhaft Zivilisten töten während sie dort Bodenschätze suchen und finden und permanent die Aufforderung des afghanischen Regierungschefs Karsai ignorieren, der die Alliierten immer wieder zum letzten Mal warnt, keine Zivilisten zu töten.
Die Ansage Obamas in seiner jüngsten Rede an die Menschen der MONA-Region, die USA werden keine die Landesgrenzen überschreitende Aggression (in der Region) dulden, erscheint somit als zynische Verarschung des Weltpublikums (Gaddafi hat keine "aggression across borders" begangen, hingegen die USA mit ihren Allierten begehen tagtäglich "aggression across [libyen] borders" in der MONA-Region). Warum sagen Obama und seine Verbündeten nicht klar und offen: Wir bilden die Regierung der Welt, wir schreiten überall auf dem Globus ein, wo es unseren Interessen nützt, nationale Grenzen haben für uns eine immer geringere Bedeutung.