Oder die Zielperson wird ohne Anlass, also willkürlich, von Polizei kontrolliert, und ihre Nachbarn werden von Polizei aufgefordert eventuelle Konflikte nicht nachbarschaftlich im Gespräch zu lösen, sondern Polizei zu rufen, die dann die Zielperson offiziell anspricht und den Vorgang in die polizeilichen Datenbanken einträgt - als negativer Score-Wert gegen die Zielperson. Die Nachbarn werden aufgewiegelt, etwa mit falschen oder tendenziös und selektiv ausgewählten privaten Daten aus den polizeilichen und geheimdienstlichen Datenbanken. Das nimmt den Nachbarn eventuelle Gewissensbisse, wenn es darum geht, die Zielperson zu mobben und zu stalken. Etwa indem Nachbarn Musik hörbar mit solchen Texten abspielen, die Überwachungs-Feedback erkennbar oder der Zielperson etwa einen Ortswechsel schmackhaft machen. Also es geht darum, auf möglichst vielen Ebenen und Wegen, einer Zielperson ihre aktuelle Situation und Aufenthaltsort zu vergraulen, um einen Wechsel zu provozieren. Wer das Gefühl hat, in seiner Wohnung belauscht und beobachtet zu werden, erhofft sich vielleicht irgendwann durch einen Ortswechsel dem entkommen zu können - was sich dann allerdings als Illusion erweist.
Die Metapher vom Schubsen verbinde ich weniger mit Werbung oder dem sanften Leiten in bestimmte Richtungen, sondern mehr mit dem gezielten Wegschubsen aus der persönlichen Sphäre vertrauter Einschätzungen; etwa durch ein negatives Framing, z.B. in dem man in eine Reihe unstrittig negativer oder positiver Begriffe wie beiläufig einen oder mehr strittige oder neutrale Begriffe mit nennt, was diese so ganz nebenbei entweder diskreditiert oder unbegründet positiv auflädt, also deren Bewertung subtil verschiebt. In unserer hitzigen Pandemiezeit mit verschärfenden Konflikten sehe ich in den Medien etwa die Tendenz, immer mehr eigentlich auch völlig unterschiedliche Randgruppen-Namen pauschal zusammen zu fassen und in einen Abfalltopf zu werfen. Diese Liste der Aussätzigen scheint immer länger zu werden: Soziale Medien, Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, Covidioten, Muslime, Q-Anon, Reichsbürger, AntiFa, Corona-RAF, Neonazis, Marsmenschen, Selbstoptimierer, Dumpfbacken, Kommunisten, Kapitalisten, Ideologen, Hedonisten, Egozentriker, usw.. Wer in den Sozialen Medien tätig ist fragt sich dann vielleicht, warum werde ich als Linker verdammt nochmal in einer Reihe mit Neonazis genannt. Oder wer glaubt die Erde ist keine Scheibe sondern eine Kugel fragt sich vielleicht warum er als Verschwörungstheoretiker gilt und in eine Reihe mit Reichsbürgern gestellt wird. Bald werden vermutlich auch Behinderte, Hartz-4-Empfänger und Bettler, usw dazu gezählt - wenn sie sich öffentlich deutlicher bemerkbar machen. Am Ende besteht die akzeptierte gesellschaftliche Mitte nur noch aus Journalisten, Polizisten, Juristen, Loyalisten, Ärzten und allen ihren treuen Handlangern.
Nudging auch als eine Domäne Sozialer Medien Weil zum gezielten Nudging eine möglichst individuelle Kenntnis gehört, die von Rundfunkmedien Natur gemäß nur ziemlich begrenzt geleistet werden kann, und die Überzeugungskraft vieler privater Mitmenschen offenbar höher ist als die von ein paar unerreichbaren Medienprofis, darum wohl ist Nudging offenbar eher eine Domäne der sog. Sozialen Medien. Weil jeder Internetsurfer identifizierbar ist, weiß eine Webseite also mehr oder weniger genau, wer sie gerade liest (hier etwa weiß Blogger.com das, ich aber nicht. Es gibt aber auch Personalunion von Autor und Betreiber). Wenn die Webseite dann noch Zugriff auf Datenbanken hat mit Informationen über den Surfer, kann sie gezielt aber diskret den Surfer anschubsen (Nudging). Das könnte in Richtungen passieren, die sowohl im Interesse des Datenbankbetreibers als auch der (privaten) Webseiten sind - ein Grund für eine Zusammenarbeit.
Wenn es beispielsweise ein Interesse des Datenbankbetreibers gibt, einen bestimmten Internsurfer auf eine längere Reise zu schicken, etwa weil man in seinem häuslichen Bereich ungestört etwas machen möchte, oder weil man mit dem Reisenden etwas vorhat was man mit ihm zuhause nicht machen kann, dann könnten die an die Datenbank angeschlossenen Sozialen Webseiten etwa jedesmal wenn diese bestimmte Person oder dieser bestimmte Haushalt sie ansteuert, wunderschöne Panoramabilder ausländischer Hotspots, Fernweh erzeugende Videos und Reiseberichte ganz vorne und Oben platzieren, und scheinbar ganz nebenbei und zufällig alles Mögliche aus dem aktuellen persönlichen Umfeld des adressierten Besuchers schlecht reden, was den Besucher der eigentlich aus anderen Gründen die Webseiten besucht, die gar nicht auf Reisen spezialisiert sind, dann doch kurz oder mittelfristig immer mehr in Reiselaune bringt, und dann bucht die Zielperson vielleicht wirklich bald eine Reise - weil sie ohne es zu merken immer wieder von vielen und auf vielerlei subtile Art gezielt in diese Richtung geschubst wurde.
Zugegeben, auch ich betreibe hier nicht selten Nudging, wie bewusst oder unterbewusst auch immer. Es geht mir mit dem Text hier ja auch nicht darum, diese Praxis in Bausch und Bogen zu verurteilen, sondern sie sich bewusst zu machen und dann zu differenzieren, was man akzeptabel findet und was nicht.