Donnerstag, 22. April 2021

Fortsetzung: Demokratie & Rechtstaat eingefroren

Sklaven-Aufseher oder der Plantagenbesitzer nehmen sich von einem jungen verliebten Sklaven-Pärchen die Frau und vergewaltigen sie, vielleicht sogar vor den Augen ihres Freundes. Jeder wird wohl nicht zu Unrecht vermuten, dass die Frau und ihr Freund voll glühenden Hasses auf die Vergewaltiger sein werden. Der oder die Täter werden den Freund darum besonders scharf im Auge behalten und vielleicht sogar beschliessen, es sei am besten ihn schnell und für immer daran zu hindern, Rache zu nehmen. Sei es dass man ihn verstümmelt und verkrüppelt, sei es dass man jede kleine Verfehlung von ihm zum Anlass nimmt, ihn öffentlich und hart aber scheinbar gerecht zu bestrafen, oder sei es dass man ihn Lebens gefährliche Arbeiten verrichten lässt, die man sonst nur von alten Sklaven machen lässt, deren sicheres Ableben man damit determiniert.

Also man erzeugt wissentlich Opfer und damit "Gefährder", und sorgt anschliessend dafür, dass diese anhand eines erwartbaren Verhaltens derart bestraft werden können und scheinbar gerechterweise dürfen, dass sie für immer "ausgeschaltet" sind.
Auch im heutigen Staat ist eine derartige Praxis nicht nur möglich, sondern real!
Der Staat erzeugt wissentlich Opfer, und weil niemand sich zum Opfer machen lassen will, darf man Rachegedanken erwarten. Der Staat definiert das Opfer zum Gefährder, weil das niemand kontrolliert oder verhindern kann; vielleicht provoziert man zuvor ein paar Aus- und Auffälligkeiten des emotional aufgeladenen Opfers, um für Aussenstehende einen Vorwand zu liefern für die Selektion des Opfers als "Gefährder", und der Staat verschleiert den tatsächlichen, vorangegangenen Opferstatus des "Gefährders", er ist einfach nur noch ein "Gefährder". Als "Gefährder" darf das Opfer total überwacht und eingehegt werden, kann also nichtmal ungehindert vor einem Gericht sein Recht als Opfer auf Wiedergutmachung und Bestrafung der Täter erstreiten, weil jeder seiner Schritte den staatlichen Überwachern vorher bekannt ist und sie präventive Sabotagemaßnahmen ergreifen können - etwa Briefe, Faxe, eMails abfangen oder ihren Inhalt manipulieren, Dokumente, Akten fälschen, den Rechtsanwalt unter Druck setzen usw.. Das passiert alles tatsächlich, keine Phantasie!

Dieses real existierende Prinzip einer Art geheimen Sklavenhalterstaates, dass sich eigentlich denklogisch zwingend aus der vorhandenen Faktenlage aus realer Macht und Rechtslage ergibt, diesen denklogischen Schritt in die Wirklichkeit hat Darnstädt vermieden. Dafür tummelt er sich umso unterhaltsamer in der gemütlichen Abstraktheit seiner rein juristischen Fachsimpelei.

Bei den sehr umpfangreichen Erörterungen über die Frage, ob Terroranschläge als Krieg oder als Verbrechen einzuordnen seien, und damit die Frage, ob für "Gefährder" Kriegsrecht / Polizeirecht oder die Grundrechte gelten, und ob für Terroristen nun Soldaten oder Polizisten zuständig sein sollten, wird merkwürdigerweise keinerlei Aufstellung über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Krieg und Terror gemacht. Mache ich das hier mal: 
Vorab die Feststellung, dass mir erst jetzt deutlich geworden ist, warum nach Terroranschlägen Politiker dauernd von einem "Angriff auf den Staat bzw Rechtstaat" geredet haben, was ich nie nachvollziehenn konnte. Es ging diesen Scharfmachern offenbar darum, Terroristen und Terrorverdächtige nicht als Verbrecher zu behandeln, sondern als feindliche Soldaten, denn diese darf man ohne weitere Umstände töten. Wer auf einer polizeilichen "Gefährder"-Liste geführt wird, ist damit quasi Recht los. Darüber handelt das hier besprochene Buch.

Mir ist bei den meisten mir bekannten Terroranschlägen, die in westlichen Ländern begangen wurden, aufgefallen, dass die Anschlagziele ganz überwiegend, ja fast ausschließlich zivile Einrichtungen und Personen waren, so gut wie nie militärische oder andere System tragende Institutionen wie etwa Waffenfabriken, Polizei- oder Geheimdienstzentralen, Big-Brother-Labore etc. Statt dessen: Weihnachtsmarktanschlag in Berlin, Oktoberfestattentat, Ferienlager-Anschläge in Norwegen, Vorortzüge in Madrid, U-Bahnen in London, Konzerthalle Bataclan in Paris, Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris, World Trade Center in New York (und ein kleiner Teil des Pentagon), und einige mehr.  
In einem Krieg werden aber vorzugsweise oder fast ausschließlich nicht zivile sondern militärische Ziele und die Infrastruktur angegriffen, denn man will ja den Feind / Gegner schwächen und am Zurückschlagen hindern. In der Hinsicht gleichen Terroranschläge also nicht einem (asymetrischen) Krieg, sondern dem Verbrechen.    
           
Krieg wird auch definiert als gewaltsames und entgrenztes Bestreben eines Staates, einem anderen Staat seinen Willen auf zu zwingen. Vor einem Krieg gibt es eine Kriegserklärung, und selbst wenn nicht, etwa weil sich ein kleiner Konflikt bis zu einem Kriegsausbruch hochschaukelt, so sind doch die Positionen und damit die Ziele der Kontrahenten bekannt. Also es gibt ein konkretes Kriegsziel das erreicht werden soll, meist ein umstrittenes Stück Land wieder zu repratiieren. Von islamistischen Terroristen ist nicht bekannt, was die nun eigentlich konkret für ein jeweiliges Ziel mit ihrem Anschlag verfolgen. Sei es, dass die Terroristen sich selbst vernichten oder Polizei das tut, man kann sie nicht mehr fragen, und die wenigen lebenden Terroristen fragt anscheinend keiner, oder deren Antworten will man lieber nicht öffentlich machen. Wenn Bekennerschreiben auftauchen, dann bekennt sich angeblich eine bekannte Gruppe, aber ob und welches Ziel mit dem Anschlag verfolgt wird, bleibt unbekannt. Al Kaida / Usama Bin Ladin, der IS hatten / haben / hat ja wohl nicht ernsthaft vor, in der EU einen islamistischen Staat errichten zu wollen (wohl kaum in dem man mit dem LKW in einen Weihnachtsmarkt fährt und in Paris eine Konzerthalle und eine Satire-Zeitschrift überfällt und in London und Madrid vollbesetzte Züge sprengt). Wenn es also kein gemeinsames großes Ziel aller islamistischen Attentäter gibt, sondern jede/r Gruppe sein / ihr eigenes (unbekanntes) Ziel verfolgt, fehlt damit ebenfalls ein mit einem Krieg gemeinsames Element. 
Also auch in dieser Hinsicht ähneln Terroranschläge dem Verbrechen, nicht einem Krieg. 
Verbrechen geschehen innerhalb von Staaten, Krieg geschieht zwischen Staaten, die Kontrahenten sind etwa gleichstark, wenn sie es nicht wären, gäbe es keinen Krieg (die USA würden etwa gegen das winzige Kuba keinen Krieg führen, sondern es auf andere Art sich zu Willen machen. Boxer werden in Gewichtsklassen eingeteilt, denn ein Kampf zwischen zwei sehr unterschiedlich starken Boxern wäre sinnlos). Terroranschläge hingegen geschehen nicht zwischen Staaten und nichteinmal zwischen gleich starken Gegnern, also auch von daher ähnelt Terror mehr dem Verbrechern als einem Krieg. 
Zudem gibt es das Statement eines US-Präsidenten, dass alle Feinde, die von den USA gejagd werden, zwar fliehen, aber sich nirgendwo auf dem Globus verstecken können. Damit erklären die USA die Welt / den Globus quasi zu ihrem Binnenterritorium / Hinterhof. Somit dürfte auf dem gesamten Globus eigentlich nur noch Polizeirecht gelten. Man kann nicht Folgen los die Welt sich untertan und quasi zum eigenen Hinterhof machen und dann immer noch mit der Axt durchs Wohnzimmer laufen. 
Wir haben also nun vier Gemeinsamkeiten von Terroranschlägen mit dem Verbrechen, bzw vier Unterschiede Zwischen Terroristen und Kriegern / Soldaten.