Und was sind die wenigen Stunden im Greenroom, während der TV-Übertragung des Finales, gegen die zwei Wochen davor? Der durchs Fernsehen mir vermittelte Eindruck ist der, dass die teilnehmenden Künstler sich gegenseitig besuchen, auch werden durch die Organisatoren gemeinsame Events veranstaltet. Aber womöglich ist dieser Eindruck falsch, und die Künster machen meistens relativ isoliert voneinander jeweils ihr eigenes nationales Ding. Eigenartig: man erfährt so wenig darüber. Und vom Greenroom gibt es nur den Eindruck von der Punktevergabe, wo jeder in seiner Nationen-Wabe sitzt.
ESC: politisch gelenkter Sieg von Azerbaijan?
Wenn man sich die politische Landkarte anguckt, scheint es so als musste Azerbaijan gewinnen (vielleicht sind sogar alle ESC-Siege politisch gelenkte Siege?).
Wir haben in den letzten Wochen und Monaten erlebt, dass die Diktaturen im Nahen Osten zerbröseln - und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Das ist zu einem nicht geringen Teil auf den steten Tropfen zurück zu führen, der aus den westlichen Medien gradezu strömt, inbesondere aus dem Internet und aus Al Jazeera.
Eine der härtesten Nüsse, die in o.g. Hinsicht zu knacken sind, ist der Iran des Ahmadineschad. Und wie der Zufall (oder doch eher die Absicht?) es will, liegt kein ESC-Teilnehmerland näher am Iran als Azerbaidjan, dessen Hauptstadt Baku mit grade mal 500 km in Funkreichweite zu der Hauptstadt des Iran liegt. Der ESC im nächsten Jahr wird also wohl auch von den Iranern mit normaler TV-Antenne überall zu empfangen sein. Ein Narr, wer hinter dem Sieg Aserbaidjans eine politisch gelenkte Aktion vermutet? Wobei man sich darüber streiten kann, ob die klandestine politische Einflussnahme beim Voting passiert (die Jurys könnten manipuliert sein, und noch einfacher - aber auch protokollierbarer - die Technik der Anruferfassung), oder schon die Auswahl der Contest-Teilnehmer und ihrer Beiträge. Ich vermute, Psychologen und Musikexperten wissen genau, welche Zutaten es braucht, um die Gunst der Zuschauer zu gewinnen. Wenn der ESC also zentral gesteuert ist, kann man von Oben durch gezielte Auswahl schon vorab entscheiden, welches Land als nächstes gewinnt. Man lässt die Zuschauer immer nur dann und immer nur soviel entscheiden, wie es im Sinne der Strippenzieher egal ist. Zum Beispiel war ja klar, dass Deutschland / Lena dieses Mal nicht schon wieder gewinnen wird. Also konnte man die Zuschauer im Vorfeld ruhig entscheiden lassen, welchen Song Lena beim ESC singen soll.
Der ESC-Sieg Deutschlands im letzten Jahr war womöglich als psychologische Stützung der "Wirtschafts-Lokomitive Europas" in Zeiten der Wirtschaftskrise geschuldet. Deutschland musste in der schwersten Krise seit dem letzten Krieg wieder als Zentrum / "Herz" der EU in Bauch und Hirn der Europäer verankert werden.
Denn mal ehrlich: junge, freche, fotogene Mädchen, die auch singen können, gibt es doch in jedem Land genug. Also wenn man wollte, hätte man jederzeit aus jedem Land eine "Lena" aus dem Hut zaubern können. Man macht das aber immer nur dann, wenn man es braucht. Obwohl ... eine die den ganzen klandestinen, systemtreuen Teil hinter den Kulissen freudig mitmacht, ist vielleicht (zum Glück) doch nicht so leicht zu finden.
Die klandestine politische Einflussnahme könnte eigentlich ziemlich simpel funktionieren: Die Hälfte der Punkte eines Landes kommt bekanntlich von einer nationalen Jury, die aus drei Leuten besteht. Wenn in jeder Jury auch nur ein geheimer "politischer Kommissar" sitzt (ein politisch aufgeklärter Systemträger), dann braucht der nur ein einziges weiteres Mitglied von dem politischen Ziel zu überzeugen, und schon haben sie in der Jury die Mehrheit für die volle Punktzahl. Dass nicht nur die Musik allein berücksichtigt werden soll, sondern auch die Politik, akzeptiert wohl jeder. Letztes Jahr bestand die deutsche Jury aus Hape Kerkeling, Mary Roos und Joy Denalane. Mal angenommen es wäre die Jury von diesem Jahr gewesen. Wenn ein Gesandter der BundesRegierung Kerkeling vor dem Finale beiseite genommen und ihm erklärt hätte, dass eine Entscheidung nach musikalischen Kriterien, aber natürlich auch nach politischen Kriterien erfolgen sollte, würde Kerkeling dem wohl nicht widersprochen haben. Dann würde man ihm klar gemacht haben, dass nach den Umstürzen in Arabien der Iran noch am weitesten zurückliegt und man die unterdrückten Menschen im Iran mit guter europäischer Unterhaltung politisch unterstützen wolle, weshalb es notwendig sei, das ein Land möglichst nahe am Iran gewinnen müsse, damit der nächste ESC von dort ausgestrahlt werde. Das würde Kerkeling sicher verstehen und wohl bejahen. Danach würde Kerkeling dann in den Jury-Diskussionen die beiden anderen Mitglieder ebenfalls davon zu überzeugen versuchen, dass Azerbaijan gewinnen sollte. Und weil der Song aus Azerbaijan musikalisch gut ist, hätte Kerkeling mindestens eine der beiden anderen Jurorinnen locker überzeugen können. Schon mit zweidrittel Mehrheit hätte die deutsche Jury 12 Punkte an Azerbaijan vergeben. Selbst wenn die deutschen Zuschauer Null Punkte vergeben haben, wären es immer noch 6 Punkte für Azerbaijan gewesen. Wenn das in fast jeder Jury in jedem Land derart praktiziert würde, hätte Azerbaijan allein von den nationalen Jurys schon 150 von ihren rund 220 Siegerpunkten bekommen. Die fehlenden 70 Punkte kommen dann leicht von befreundeten Nachbarstaaten und von Zuschauern denen der Song gut gefallen hat zusammen. Zumal wenn auch der Showteil von Experten gemacht wurde, die Zuschauer also professionell schon in die gewünschte Richtung gelenkt wurden.
Interessant und wichtig ist bei dem Ganzen, dass es ja immer entlang dessen passieren würde, was die meisten wohl nicht als verbrecherisch ansehen. Es wäre so eine Art sanfter Betrug an vielen kleinen Stellen: Verbergen der wahren Macht- und Organisationsstruktur, politisch gezielte Auswahl der Jury-Mitglieder, politische Manipulation der Jury, Manipulation bei der Auswahl der Künstler und ihrer Beiträge, und vieles mehr.
Melonen-Verkäufer Raab
Vor der Moderation des ESC-Finales wurde Raab gefragt, ob er nicht besonders aufgeregt sei, vor sovielen Millionen Zuschauern zu moderieren. Was Raab verneinte; einem Melonenverkäufer sei es ja schliesslich auch egal, wenn er mal eine besonders grosse Melone verkaufe. Aber nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Wenn ein Melonenverkäufer eine 10mal grössere Melone anbietet, dann nimmt die etwa auch 10mal so viel Platz weg. Also im Prinzip wäre es egal, ob er 10 kleine oder die eine grosse verkauft. Jedoch wenn Raab eine Sendung moderiert mit 10mal sovielen Zuschauern, dann ist es für ihn moderationsmässig also das gleiche wie vor wenigen Zuschauern. Jedoch für die Moderation vor Millionen Europäern bekommt er sicherlich zigfach mehr Geld als für seine übliche kleine Show - bei gleicher Arbeit.
Das ist ja eines der "Wunder" der Unterhaltungs-Branche (Unter-Haltung, weil es die Zuschauer / das Publikum unterhalb der Show-Elite hält), dass es seine Inhalte und damit auch seine Gewinne mittels Technik beliebig vervielfältigen kann - ohne mehr dafür arbeiten zu müssen.
Also Lena und Raab verbringen eine Nacht im Tonstudio, und ob sie danach zehntausend oder 1 Million CDs verkaufen, macht ihnen nicht eine Stunde mehr oder weniger Arbeit, macht aber einen Riesenunterschied auf dem Konto. Wobei auch schon zehntausend Euro für eine Nacht Arbeit eine Menge Geld sind. Also wenn es arbeitsmässig für Raab egal ist, ob er für eine halbe Million oder für fünf Millionen Zuschauer moderiert, so macht es einen enormen Unterschied auf seinem Konto, den ESC moderiert zu haben. Anders als bei menschlichen Eigenschaften, die von Gott gegeben sind und die niemand umverteilen kann gilt beim Geld: Der Reichtum der einen, ist die Armut der anderen!
Zugegeben, diese Betrachtung ist etwas einseitig, weil sie das Talent nicht berücksichtigt. Wenn die einen Musiker tausend CDs verkaufen, und die anderen eine Million Tonträger, und die Erfolgreicheren vielleicht sogar noch weniger daran gearbeitet haben als die Erfolglosen, so kann das dennoch gerecht sein, vielleicht weil die einen viel talentierter sind, mehr Gespür bei der Zusammenstellung der Combo hatten und einfach besser zum Zeitgeist passen.
Aber Raab war sicher nicht die beste Wahl als ESC-Moderator. Er wurde es, weil er Druck ausüben konnte, nicht weil er der beste dafür ist. Und ob die Menge des Geldes das er für den Abend bekommen hat, gerechtfertigt ist, entscheiden nicht die Konsumenten, sondern das wird intern ausgekungelt.
Dass Millionenbeträge bei ARD und ZDF keine Rolle spielen, sehen wir grade im Kriminalfall des KIKA, wo dem MDR / der ARD über
acht Millionen Euro gestohlen wurden, und über Jahre hat das niemand bemerkt (übrigens hat auch Raab fürs Kinderprogramm der ARD mal Inhalte produziert).