Montag, 23. Mai 2011

Obamas Rede an die Menschen der MENA Region

Das Individuum geniesst Vorrang


Als die US-Seals in Abbottabad in Bin Ladins Haus eindrangen, stellten sich ihnen Leute in den Weg, unter anderem auch eine Frau. Die Seals schossen auch die Frau nieder, um an ihr Ziel Bin Ladin zu kommen, den sie dann mit Kopfschuss niederstreckten - statt ihn gefangen zu nehmen und vor ein ordentliches Gericht zu stellen. Der Vorrang des Individuums.

Noch während der Live-Übertragung der Rede von US-Präsident Obama lief unter seinem Konterfei die Tickermeldung durch, dass im US-Guantanamo-Gefängnis sich ein Häftling selbst umgebracht hat. Der Vorrang des Individuums.

Als Ende der 90er Jahre in Russland die demokratische Ära Jelzin zu Ende ging und ein GeheimdienstOffizier namens Putin zunehmend die politische Bühne des Kreml betrat, wurde es für die in der Jelzin-Ära gross und mächtig gewordenen TV-Mogule ungemütlich. Eines Tages trat ein junger Geheimdienst-Kollege von Putin vor die Presse und sagte, er habe von seinem Geheimdienst den Auftrag bekommen, einen der TV-Mogule zu töten, aber er weigere sich, den Auftrag auszuführen. Der junge, hoffnungsfrohe Geheimdienstler hiess Alexander Litvinenko. Danach war sein Leben bedroht. Er hatte nicht lange vorher geheiratet und einen kleinen Sohn. Mit der Hilfe von Freunden und durch ein paar raffinierte Vorkehrungen gelang es ihm, mit Frau und Kind, in die Türkei zu fliehen. Doch die Türkei konnte nur eine Zwischenstation sein. Mittels einiger weniger internationaler, einflussreicher Freunde bat er die USA um Asyl. Die USA baten um Bedenkzeit. Schliesslich schlugen sie dem Individuum, das Rückgrat gegen das Böse gezeigt und das westliche Demokratie- und Marktmodell verteidigt hatte und eine junge Familie zu schützen hatte, die Tür vor der Nase zu. Das Ende der Geschichte ist bekannt: 2006 wurde Alexander Litvinenko in London durch ein Attentat umgebracht, aller Wahrscheinlichkeit nach vom russischen Geheimdienst im Auftrag Putins. Hätten die USA ihm Asyl gewährt, wäre es wohl kaum dazu gekommen. Der Vorrang des Individuums.

Die USA dulden keine Aggression über Ländergrenzen hinweg, in der MONA-Region


Muss man dazu nochwas sagen? Ich tue es trotzdem:
NATO bombt sich den Weg zum libyschen Erdöl frei
So wie NATO und überhaupt die Mächtigen der Welt agieren wird doch immer deutlicher, dass sie sich selbst als Weltregierung verstehen. Ob Obama der EU empfiehlt die Türkei aufzunehmen, ob das US-Militär einfach in eine Stadt in Pakistan fliegt, dort Bin Ladin und seine Leibgarde erschiesst und seine Computer mitnimmt, ob die USA seit Jahren das Militär in Ägypten mit Milliarden Dollar sponsert und ausbildet, und damit Einfluss auf die ägyptische Politik nimmt, ob NATO aktuell den libyschen Regierungschef Gaddafi aus seinem Land bombt um freien Zugriff auf die gigantischen libyschen Erdöllagerstätten zu bekommen, ob die Allierten in Afghanistan seit Jahren immer wieder massenhaft Zivilisten töten während sie dort Bodenschätze suchen und finden und permanent die Aufforderung des afghanischen Regierungschefs Karsai ignorieren, der die Alliierten immer wieder zum letzten Mal warnt, keine Zivilisten zu töten.
Die Ansage Obamas in seiner jüngsten Rede an die Menschen der MONA-Region, die USA werden keine die Landesgrenzen überschreitende Aggression (in der Region) dulden, erscheint somit als zynische Verarschung des Weltpublikums (Gaddafi hat keine "aggression across borders" begangen, hingegen die USA mit ihren Allierten begehen tagtäglich "aggression across [libyen] borders" in der MONA-Region). Warum sagen Obama und seine Verbündeten nicht klar und offen: Wir bilden die Regierung der Welt, wir schreiten überall auf dem Globus ein, wo es unseren Interessen nützt, nationale Grenzen haben für uns eine immer geringere Bedeutung.

Donnerstag, 19. Mai 2011

ESC Nachbetrachtungen

Und was sind die wenigen Stunden im Greenroom, während der TV-Übertragung des Finales, gegen die zwei Wochen davor? Der durchs Fernsehen mir vermittelte Eindruck ist der, dass die teilnehmenden Künstler sich gegenseitig besuchen, auch werden durch die Organisatoren gemeinsame Events veranstaltet. Aber womöglich ist dieser Eindruck falsch, und die Künster machen meistens relativ isoliert voneinander jeweils ihr eigenes nationales Ding. Eigenartig: man erfährt so wenig darüber. Und vom Greenroom gibt es nur den Eindruck von der Punktevergabe, wo jeder in seiner Nationen-Wabe sitzt.

ESC: politisch gelenkter Sieg von Azerbaijan?
Wenn man sich die politische Landkarte anguckt, scheint es so als musste Azerbaijan gewinnen (vielleicht sind sogar alle ESC-Siege politisch gelenkte Siege?).
Wir haben in den letzten Wochen und Monaten erlebt, dass die Diktaturen im Nahen Osten zerbröseln ­- und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Das ist zu einem nicht geringen Teil auf den steten Tropfen zurück zu führen, der aus den westlichen Medien gradezu strömt, inbesondere aus dem Internet und aus Al Jazeera.

Eine der härtesten Nüsse, die in o.g. Hinsicht zu knacken sind, ist der Iran des Ahmadineschad. Und wie der Zufall (oder doch eher die Absicht?) es will, liegt kein ESC-Teilnehmerland näher am Iran als Azerbaidjan, dessen Hauptstadt Baku mit grade mal 500 km in Funkreichweite zu der Hauptstadt des Iran liegt. Der ESC im nächsten Jahr wird also wohl auch von den Iranern mit normaler TV-Antenne überall zu empfangen sein. Ein Narr, wer hinter dem Sieg Aserbaidjans eine politisch gelenkte Aktion vermutet? Wobei man sich darüber streiten kann, ob die klandestine politische Einflussnahme beim Voting passiert (die Jurys könnten manipuliert sein, und noch einfacher - aber auch protokollierbarer - die Technik der Anruferfassung), oder schon die Auswahl der Contest-Teilnehmer und ihrer Beiträge. Ich vermute, Psychologen und Musikexperten wissen genau, welche Zutaten es braucht, um die Gunst der Zuschauer zu gewinnen. Wenn der ESC also zentral gesteuert ist, kann man von Oben durch gezielte Auswahl schon vorab entscheiden, welches Land als nächstes gewinnt. Man lässt die Zuschauer immer nur dann und immer nur soviel entscheiden, wie es im Sinne der Strippenzieher egal ist. Zum Beispiel war ja klar, dass Deutschland / Lena dieses Mal nicht schon wieder gewinnen wird. Also konnte man die Zuschauer im Vorfeld ruhig entscheiden lassen, welchen Song Lena beim ESC singen soll.

Der ESC-Sieg Deutschlands im letzten Jahr war womöglich als psychologische Stützung der "Wirtschafts-Lokomitive Europas" in Zeiten der Wirtschaftskrise geschuldet. Deutschland musste in der schwersten Krise seit dem letzten Krieg wieder als Zentrum / "Herz" der EU in Bauch und Hirn der Europäer verankert werden.
Denn mal ehrlich: junge, freche, fotogene Mädchen, die auch singen können, gibt es doch in jedem Land genug. Also wenn man wollte, hätte man jederzeit aus jedem Land eine "Lena" aus dem Hut zaubern können. Man macht das aber immer nur dann, wenn man es braucht. Obwohl ... eine die den ganzen klandestinen, systemtreuen Teil hinter den Kulissen freudig mitmacht, ist vielleicht (zum Glück) doch nicht so leicht zu finden.

Die klandestine politische Einflussnahme könnte eigentlich ziemlich simpel funktionieren: Die Hälfte der Punkte eines Landes kommt bekanntlich von einer nationalen Jury, die aus drei Leuten besteht. Wenn in jeder Jury auch nur ein geheimer "politischer Kommissar" sitzt (ein politisch aufgeklärter Systemträger), dann braucht der nur ein einziges weiteres Mitglied von dem politischen Ziel zu überzeugen, und schon haben sie in der Jury die Mehrheit für die volle Punktzahl. Dass nicht nur die Musik allein berücksichtigt werden soll, sondern auch die Politik, akzeptiert wohl jeder. Letztes Jahr bestand die deutsche Jury aus Hape Kerkeling, Mary Roos und Joy Denalane. Mal angenommen es wäre die Jury von diesem Jahr gewesen. Wenn ein Gesandter der BundesRegierung Kerkeling vor dem Finale beiseite genommen und ihm erklärt hätte, dass eine Entscheidung nach musikalischen Kriterien, aber natürlich auch nach politischen Kriterien erfolgen sollte, würde Kerkeling dem wohl nicht widersprochen haben. Dann würde man ihm klar gemacht haben, dass nach den Umstürzen in Arabien der Iran noch am weitesten zurückliegt und man die unterdrückten Menschen im Iran mit guter europäischer Unterhaltung politisch unterstützen wolle, weshalb es notwendig sei, das ein Land möglichst nahe am Iran gewinnen müsse, damit der nächste ESC von dort ausgestrahlt werde. Das würde Kerkeling sicher verstehen und wohl bejahen. Danach würde Kerkeling dann in den Jury-Diskussionen die beiden anderen Mitglieder ebenfalls davon zu überzeugen versuchen, dass Azerbaijan gewinnen sollte. Und weil der Song aus Azerbaijan musikalisch gut ist, hätte Kerkeling mindestens eine der beiden anderen Jurorinnen locker überzeugen können. Schon mit zweidrittel Mehrheit hätte die deutsche Jury 12 Punkte an Azerbaijan vergeben. Selbst wenn die deutschen Zuschauer Null Punkte vergeben haben, wären es immer noch 6 Punkte für Azerbaijan gewesen. Wenn das in fast jeder Jury in jedem Land derart praktiziert würde, hätte Azerbaijan allein von den nationalen Jurys schon 150 von ihren rund 220 Siegerpunkten bekommen. Die fehlenden 70 Punkte kommen dann leicht von befreundeten Nachbarstaaten und von Zuschauern denen der Song gut gefallen hat zusammen. Zumal wenn auch der Showteil von Experten gemacht wurde, die Zuschauer also professionell schon in die gewünschte Richtung gelenkt wurden.

Interessant und wichtig ist bei dem Ganzen, dass es ja immer entlang dessen passieren würde, was die meisten wohl nicht als verbrecherisch ansehen. Es wäre so eine Art sanfter Betrug an vielen kleinen Stellen: Verbergen der wahren Macht- und Organisationsstruktur, politisch gezielte Auswahl der Jury-Mitglieder, politische Manipulation der Jury, Manipulation bei der Auswahl der Künstler und ihrer Beiträge, und vieles mehr.

Melonen-Verkäufer Raab
Vor der Moderation des ESC-Finales wurde Raab gefragt, ob er nicht besonders aufgeregt sei, vor sovielen Millionen Zuschauern zu moderieren. Was Raab verneinte; einem Melonenverkäufer sei es ja schliesslich auch egal, wenn er mal eine besonders grosse Melone verkaufe. Aber nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Wenn ein Melonenverkäufer eine 10mal grössere Melone anbietet, dann nimmt die etwa auch 10mal so viel Platz weg. Also im Prinzip wäre es egal, ob er 10 kleine oder die eine grosse verkauft. Jedoch wenn Raab eine Sendung moderiert mit 10mal sovielen Zuschauern, dann ist es für ihn moderationsmässig also das gleiche wie vor wenigen Zuschauern. Jedoch für die Moderation vor Millionen Europäern bekommt er sicherlich zigfach mehr Geld als für seine übliche kleine Show - bei gleicher Arbeit.

Das ist ja eines der "Wunder" der Unterhaltungs-Branche (Unter-Haltung, weil es die Zuschauer / das Publikum unterhalb der Show-Elite hält), dass es seine Inhalte und damit auch seine Gewinne mittels Technik beliebig vervielfältigen kann - ohne mehr dafür arbeiten zu müssen.
Also Lena und Raab verbringen eine Nacht im Tonstudio, und ob sie danach zehntausend oder 1 Million CDs verkaufen, macht ihnen nicht eine Stunde mehr oder weniger Arbeit, macht aber einen Riesenunterschied auf dem Konto. Wobei auch schon zehntausend Euro für eine Nacht Arbeit eine Menge Geld sind. Also wenn es arbeitsmässig für Raab egal ist, ob er für eine halbe Million oder für fünf Millionen Zuschauer moderiert, so macht es einen enormen Unterschied auf seinem Konto, den ESC moderiert zu haben. Anders als bei menschlichen Eigenschaften, die von Gott gegeben sind und die niemand umverteilen kann gilt beim Geld: Der Reichtum der einen, ist die Armut der anderen!

Zugegeben, diese Betrachtung ist etwas einseitig, weil sie das Talent nicht berücksichtigt. Wenn die einen Musiker tausend CDs verkaufen, und die anderen eine Million Tonträger, und die Erfolgreicheren vielleicht sogar noch weniger daran gearbeitet haben als die Erfolglosen, so kann das dennoch gerecht sein, vielleicht weil die einen viel talentierter sind, mehr Gespür bei der Zusammenstellung der Combo hatten und einfach besser zum Zeitgeist passen.
Aber Raab war sicher nicht die beste Wahl als ESC-Moderator. Er wurde es, weil er Druck ausüben konnte, nicht weil er der beste dafür ist. Und ob die Menge des Geldes das er für den Abend bekommen hat, gerechtfertigt ist, entscheiden nicht die Konsumenten, sondern das wird intern ausgekungelt.
Dass Millionenbeträge bei ARD und ZDF keine Rolle spielen, sehen wir grade im Kriminalfall des KIKA, wo dem MDR / der ARD über acht Millionen Euro gestohlen wurden, und über Jahre hat das niemand bemerkt (übrigens hat auch Raab fürs Kinderprogramm der ARD mal Inhalte produziert).

Dienstag, 17. Mai 2011

Meine FilmKritik: Die Mothmann-Prophezeiungen

Ich erkenne in der Handlung des Films drei Aspekte von denen ich glaube, dass sie auf interessante Teile von Wirklichkeit deuten. Bei zweien davon sehe ich eine gegenseitige Bezüglichkeit; der dritte Aspekt weist in eine mir bislang wenig transparente und luzide, faszinierende Richtung.

Das Zusammenhangs-Paar sehe ich in dem Namen der geheimnisvollen, hellsehenden und Gedanken lesenden Telefonstimme, der sich "Indred Cold" nennt. Wie ich hier schon mehrfach ausgeführt habe, praktizieren die Überwachungs- und Macht-Eliten offenbar die Technologie des Gedankenlesens mittels eisgekühlter, surpraleitender Antennen. Der magisch-mysteriöse Anrufer "Indred Cold", der augenscheinlich alles sieht und weiss, ist also offenbar ein Angehöriger der Überwachungs-Eliten, der mittels eisgekühlter Gedankenlese-Antennen den Protagonisten so weitgehend überwachen kann, dass er dessen Gedanken lesen und folglich auch sehen kann, was dieser sieht und vorhat.

Die Technik ist heute auch so weit, dass man originale Stimmen beliebige Texte sprechen lassen kann und es klingt wie das Original. Wenn der Protagonist im Film also am Telefon die Stimme seiner verstorbenen Frau hört, die ihm Dinge sagt, die er von ihr noch nie gehört hat, so ist das keine Magie, kein Wunder, sondern technisch durchaus möglich (wohl solange es zu keinem direkten Gespräch kommt, was im Film tatsächlich ja auch nicht passiert).

Eine andere Sache ist das "Motor Inn", in dem viele der Merkwürdigkeiten passieren. Die Kamera fährt immer wieder in Grossaufnahme auf das Reklameschild. Jedoch "Motor-Inn" scheint eigentlich eine eher selten gebrauchte Bezeichnung für ein US-Autobahn-Motel zu sein. Der Begriff hat im Film also eine besondere Bedeutung. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass man unter Motor auch einfach Antrieb verstehen kann, dann wäre das Motel ein "Antriebs-Inn". Und "Inn" als ein Ort, wo der Effekt, das Ergebnis von Antrieb passiert. Zur Veranschaulichung stelle man sich vor, das kürzliche Erdbeben vor Japan war ein Antrieb, ein Motor, und der Tsunami die Antriebswelle. Das Fukushima-Atomkraftwerk, wo der Tsunami auftrifft und es verwüstet, wäre dann das Motor-Inn.

Eine meiner Arbeitshypothesen sieht so aus, dass man Motor-Inn-Effekte durch das Zusammentreffen von zwei Kraftlinien erzielt, die jede für sich wirkungslos ist. Vielleicht hat man mitlerweile Möglichkeiten gefunden, die Erdmagnetfelder zwischen dem Nord- und Südpol zu manipulieren und als Antriebswelle zu benutzen. Könnte man dann auch noch quer dazu Kraflinien aussenden, wäre denkbar dass, wie an Kreuzungspunkten von Längen- und Breitengraden, an den Schnittpunkten von Kraftlinien es zu Effekten, zu Motor-Inns, kommt. So ähnlich wie auf See bei den sog. Monsterwellen / Freakwaves. Sie entstehen wenn sich zwei zusammenlaufende Strömungswellen gegenseitig verstärken. Dieses Prinzip ist universell, seine Anwendung könnte man sich in vielen Bereichen vorstellen. Beispielsweise auch in der Biologie, Psychologie, Physik, Chemie, im Magnetismus, der Politik usw.
Das Motor-Inn im Film als Ort mysteriöser Ereignisse könnte also als ein Schnittpunkt technisch erzeugter Energiefelder und -wellen zu verstehen sein. Wobei man sich nicht nur zum Schnittpunkt hinströmende Ereignisse vorstellen kann, sondern es könnten auch von dort Dinge herausgeleitet werden, wie beispielsweise Informationen. Vielleicht ein ähnliches Prinzip wie bei einem Theremin: Zwei Schwingkreise erzeugen ein gemeinsames Zwischenfeld. Wenn sich etwas in dieses gemeinsame Feld hinein bewegt oder darin bewegt, dann verändert seine Grösse/Masse und seine Position die Schwingungen. Aus den Schwingungsänderungen können Rückschlüsse auf die Eigenschaften des "Störkörpers" gezogen werden.

Montag, 12. Juli 2010

Interview mit Kuba-Bloggerin Yoani Sanchez

Salim Lamrani interviewt Yoani Sanchez Salim Lamranis Interview wurde ursprünglich auf der Website von Rebelion veröffentlicht und in The South Journal ins Englische übersetzt. Salim Lamrani ist Gastprofessor an der Sorbonne und der Universität Paris-Ost, Marne-la-Vallée. Er ist französischer Journalist und Spezialist für Beziehungen zwischen Kuba und den USA. Deutsch (aus der englischen Fassung): ¡Basta Ya! (jmb, db) http://www.cuba-si.de/kuba-direkt/standpunkt/texte/ys-int-04-2010.html Ein Gespräch mit der kubanischen Bloggerin Yoani Sanchez Der französische Journalist und Experte für die Beziehung Kubas zu den Vereinigten Staaten interviewte kürzlich die kubanische Bloggerin Yoani Sanchez in Havanna. Das Interview wurde auf der Website von Rebelion und der von Cubadebate veröffentlicht. Yoani Sanchez ist eine neue Figur in der Kuba-Opposition. Seit sie 2007 ihren Blog "Generación Y" geschaffen hatte, wurde sie mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet, einschließlich des Ortega y Gasset Journalistenpreises 2008, dem Bitacoras com Prize 2008, dem Bob's Prize 2008, dem Maria Moors Cabot Prize 2008, der von der angesehenen US-Universität von Columbia verliehen wird. Gleichzeitig wurde die kubanische Bloggerin 2008 vom Time Magazine in die 100 einflussreichsten Persönlichkeiten gewählt, gemeinsam mit George W. Bush, Hu Jintao und dem Dalai Lama. Yoanis Blog wurde 2008 von CNN und dem Time Magazine in die Liste der 25 besten Blogs der Welt aufgenommen. Am 30. November 2008 nahm sie die spanische Zeitung El Pais in die Liste der 100 einflussreichsten hispanisch-amerikanischen Persönlichkeiten des Jahres auf (eine Liste, auf der man Fidel oder Raúl Castro vergeblich sucht). Das Foreign Policy Magazin zählte sie seinerseits zu den 10 wichtigsten Intellektuellen des Jahres, während Mexikos Gato Pardo Magazin sich dem 2008 anschloss. Dieser beeindruckende Durchmarsch an Auszeichnungen sowie ihr gleichzeitiges in Erscheinung treten löste zahlreiche Fragen aus, so viele, da Yoani Sanchez nach eigenem Bekunden in ihrem eigenen Land völlig unbekannt ist. Wie kann eine Person, die laut Angaben der Bloggerin in ihrer Nachbarschaft unbekannt ist, auf die Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt geraten? Ein Diplomat aus einem westlichen Land, der dieser atypischen Oppositionellen der kubanischen Regierung nahesteht, hat eine Reihe der Artikel, die ich über Yoani Sanchez schrieb und die einigermaßen kritisch waren, gelesen. Er zeigte ihr meine Artikel, und danach wollte sie mich treffen, um einige Punkte zu klären, auf die ich mich bezogen hatte. Das Treffen mit der jungen Dissidentin von umstrittenem Ruhm fand nicht in irgend einem dunklen Apartment mit geschlossenen Fenstern statt, im Gegenteil, es fand in der Lobby des Plaza Hotels, im Herzen der Altstadt von Havanna an einem sonnigen Nachmittag statt. Der Ort war von Menschen überfüllt, viele ausländische Touristen spazierten durch die riesige Halle des majestätischen Gebäudes, das seine Pforten einst im frühen 20. Jahrhundert geöffnet hatte. Yoani Sanchez hat einige Verbindungen zu westlichen Botschaften. Tatsächlich reichte ein einfacher Anruf meiner Kontaktperson am Mittag, um unser Treffen auf drei Stunden später festzusetzen. Und um 15:00 Uhr tauchte die Bloggerin mit einem Lächeln und in einen langen Rock und blauen Pullover gekleidet, auf. Sie trug außerdem noch eine Sportjacke, um sich bei den relativ frischen Temperaturen von Havannas Winter warmzuhalten. Unser Gespräch dauerte an einem Tisch in der Bar fast zwei Stunden, und während der letzten etwa 20 Minuten war ihr Ehemann Reinaldo Escobar mit anwesend, bevor sie den Ort gemeinsam verließen, um sich zu einem weiteren Treffen aufzumachen. Ihre Stimme war fest und sie schien sich zu keiner Zeit unbehaglich zu fühlen. Da sie bereits an Treffen mit westlichen Medien gewöhnt ist, beherrscht sie die Kunst der Kommunikation. Diese Bloggerin, die an sich schmächtig, doch intelligent und wach wirkt, ist sich dessen bewusst, dass ihre Beziehung zu westlichen Medien, obwohl es ihr schwerfällt, das zuzugeben, kein reiner Zufall ist, sondern der Förderung der Errichtung des Kapitalismus "sui generis" in Kuba dient. [Frage ist, wer die Förderer im Hintergrund sind. Anmerkung vom Blogger] Der Vorfall vom 6. November 2009 Salim Lamrani (SL): Lassen Sie uns mit dem Vorfall vom 6. November 2009 in Havanna beginnen. Sie erklärten in Ihrem Blog, dass Sie gemeinsam mit drei anderen Freunden von "drei unbekannten kräftigen Männern" während "eines Nachmittags mit Schlägen, Geschrei und Beleidigungen überfallen wurden." Sie beschuldigten die kubanische Polizei, Gewalt gegen Sie verübt zu haben. Halten Sie Ihre Version der Ereignisse aufrecht? Yoani Sanchez (YS): Ja, klar, ich versichere Ihnen, dass ich Gewalt ausgesetzt war. Sie hielten mich 25 Minuten in ihrer Gewalt. Ich wurde geschlagen. Es gelang mir, ein Stück Papier, dass einer der Männer in seiner Tasche hatte, an mich zu nehmen und es in den Mund zu stecken. Einer von ihnen drückte mir sein Knie auf die Brust und ein anderer schlug mich vom Vordersitz aus in die Nierengegend und auf den Kopf, damit ich meinen Mund öffnete und um das Stück Papier zu bekommen. Einen Moment lang dachte ich, ich käme nie aus diesem Auto heraus. SL: Die Geschichte in ihrem Blog ist wirklich erschreckend. Ich zitiere, Sie sprachen von "Schlägen und Stößen", von "schlagenden Knöcheln" von einer "Kette von Schlägen," "Knien auf Ihrer Brust," Schlägen in Ihre "Nieren und [...] und auf Ihren Kopf","Ziehen an Ihren Haaren", von Ihrem Gesicht als "rotangelaufen von dem Druck und wegen körperlicher Schmerzen" von den "Schlägen, die weiter gingen" und "all diesen blauen Flecken". Als Sie sich jedoch am 9. November mit der internationalen Presse trafen, waren diese Spuren auf Ihrem Körper verschwunden. Wie können Sie das erklären? YS: Sie waren professionelle Schläger. SL: OK, aber warum haben Sie die Fotos von den Spuren nicht gezeigt? YS: Ich habe Fotos. Ich habe Beweise. [Aber warum hat sie den Journalisten keine Fotos vorgelegt? Anmerkung vom Blogger] SL: Also, Sie haben Beweise? YS: Ich habe die Beweise auf Fotos. SL: Aber warum haben Sie die nicht veröffentlicht, um all' die Gerüchte zu entkräften, die besagen, dass Sie diesen Angriff erfunden hätten, damit die Presse über Ihren Fall berichte? YS: Ich verwahre sie zurzeit lieber, als sie zu veröffentlichten. [Wo kann in einer Diktatur ein sicherer Aufbewahrungsort für Beweise von Systemgegnern sein? Ich kenne solche absolut sicheren Aufbewahrungsorte nichtmal in einer angeblichen Demokratie! Dass man private Fotos nicht ins Internet stellt oder unter Journalisten verteilt ist verständlich. Aber wenn es Beweisfotos gibt hätte sie diese einem ausgesuchten Kreis seriöser Journalisten und nun dem Interviewer vorlegen und diese somit als Zeugen nutzen können, ohne dass die Bilder öffentlich werden. Anmerkung vom Blogger] Ich möchte sie eines Tages einem Gericht vorlegen, damit diese drei Männer verurteilt werden.[Für eine kubanische Systemgegnerin ein erstaunliches Vertrauen in die kubanische Justiz; oder sie ist vom baldigen Systemwechsel überzeugt. Anmerkung vom Blogger] Ich kann mich vollständig an ihre Gesichter erinnern, und ich habe die Fotos zumindest von zweien von ihnen. Was den dritten Mann betrifft, so muss er noch identifiziert werden, aber, da er der Anführer war, wird es leicht sein, ihn auszumachen. Ich habe auch noch das Stück Papier, das ich einem von ihnen wegnahm [Professionelle Schläger, die sich von einer schmächtigen Frau ein Stück Papier aus der Tasche wegnehmen lassen? Und anschliessend nicht in der Lage sind es ihr wieder aus dem Mund zu zwingen? Anmerkung vom Blogger] , das meinen Speichel trägt, weil ich es im Mund hatte. Auf dem Papier stand der Name einer Frau geschrieben.[Und alle diese für das System gefährlichen Beweise kann sie zugriff-sicher irgendwo verwahren? Erstaunlich! Anmerkung vom Blogger] SL: Fein. Sie publizieren viele Fotos in Ihrem Blog. Es ist schwer zu verstehen, warum Sie es vorziehen, die Fotos zurzeit nicht freizugeben. YS: Wie gesagt, ich bewahre sie lieber für den Rechtsweg auf. [Wirklich erstaunlich bei einer Medienfrau, die sonst alles mit publizistischen Mitteln macht. Anmerkung vom Blogger] SL: Sie sind sich bewusst, dass Ihre Einstellung denen nützt, die denken, dass Sie den Anschlag auf Sie erfunden hätten, nicht wahr? YS: Es ist meine Entscheidung. SL: Doch selbst die westlichen Medien, die Sie ziemlich begünstigen, haben einige ungewöhnliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen, als Sie Ihre Geschichte wiedergaben. Der BBC-Korrespondent in Havanna Fernando Ravberg schrieb beispielsweise, dass Sie "keine blauen Flecken, Spuren oder Kratzer" hatten, die Nachrichtenagentur France Presse erzählte die Geschichte so, indem sie sorgfältig genug klarstellte, dass es Ihre eigene Version sei und gab ihr den Titel: "Cuba Blogger Yoani Sanchez sagt, geschlagen und kurzzeitig verhaftet worden zu sein". Andererseits versicherte der Reporter, dass Sie "nicht verletzt" seien. [Der deutsche Staatsrundfunk ist da weniger kritisch. Im DLF wurde der angebliche Überfall kürzlich als Tatsache dargestellt. Hingegen staatliche Verbrechen gegen Oppositionelle hier zu Lande werden totgeschwiegen und die Opfer als Simulanten verunglimpft. Siehe mein Blog. Anmerkung vom Blogger] YS: Ich möchte deren Arbeit nicht gerne beurteilen. Es ist nicht meine Sache, über sie zu urteilen. Sie sind Professionelle, die sich in einer komplizierten Situation befinden, die ich nicht ermessen kann. Der Sachverhalt, ob physische Spuren existieren oder nicht, ist kein Beweis für das Ereignis. SL: Aber der Augenschein dieser Spuren würde enthüllen, dass Gewalt stattgefunden hat. Darum wäre die Veröffentlichung der Fotos so wichtig. YS: Sie sollten verstehen, dass sie professionell im Einschüchtern sind. Die Tatsache, dass drei unbekannte Männer mich in ein Auto zerrten, ohne irgend welche Ausweise zu zeigen, gibt mir das Recht, mich so zu beschweren, als hätten sie mir alle Knochen gebrochen. Die Fotos sind nicht so wichtig, weil die illegale Tat begangen wurde. Jetzt wäre es korrekt zu sagen: "Wenn es hier oder da weh tut", ist es eben mein innerer Schmerz. SL: OK, aber das Problem ist, dass Sie es alles als einen sehr gewaltsamen Angriff darstellten. Sie sprachen von "Kidnapping nach schlimmster sizilianischer Camorra Manier." YS: Ja, das ist wahr, aber es ist meine Rede gegen ihre. Die Frage der Einzelheiten, ob ich Beulen oder keine habe, bringt uns von der eigentlichen Sache ab, die darin besteht, dass sie mich für 25 Minuten illegal gekidnapped haben. SL: Entschuldigen Sie meine Beharrlichkeit, aber ich denke, dies ist wichtig. Es gibt einen gewissen Unterschied zwischen einer Identitätskontrolle, die 25 Minuten dauert und polizeilicher Gewalt. Meine Frage ist sehr einfach: Sie sagen, und ich zitiere: "Mein Wangenknochen und eine Augenbraue waren während des gesamten Wochenendes geschwollen." Da Sie doch Fotos haben, können sie die Spuren jetzt zeigen. YS: Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich sie lieber für das Gericht aufhebe. SL: Sie sind sich doch bewusst, dass es einigen Leuten schwer fällt, Ihrer Version zu glauben, wenn Sie die Fotos nicht veröffentlichen, nicht wahr? YS: Ich glaube, mit diesen Einzelheiten verfehlen wir das Thema, Tatsache ist, das drei Blogger in Begleitung eines ihrer Freunde auf dem Weg zu einem Platz in der Stadt waren, gerade an der Ecke 23 und der G-Straßen. Wir hatten gehört, dass dort eine Gruppe Jugendlicher zu einem Marsch gegen Gewalt aufgerufen habe. Sie sind alternative freundliche Leute, Hip-Hop- und Rap-Sänger, Künstler. Ich wollte als Bloggerin dort sein, um Fotos von ihnen zu machen und sie in meinem Blog zu veröffentlichen und um einige Interviews zu machen. Auf dem Weg zu diesem Platz wurden wir von einem "Geely"-Auto angehalten. SL: War es ein Akt der Verhinderung ihrer Teilnahme an der Veranstaltung? YS: Das war offenbar der Grund. Sie teilten uns das nicht förmlich mit, aber das war ihr Ziel. Sie sagten, ich solle in ihr Auto einsteigen. Ich fragte sie, wer sie seien. Einer von ihnen packte mich beim Handgelenk, und ich zog es zurück. Das geschah in einem zentral gelegenen Gebiet von Havanna, genau an einer Bushaltestelle. SL: Also, waren dort gerade Leute. Ich meine, es waren Zeugen da. YS: Ja., es gab Zeugen, aber die wollen nicht sprechen. Sie sind verängstigt. SL: Nicht einmal anonym? Warum hat die westliche Presse sie nicht anonym interviewt, wie sie es gewöhnlich tun, wenn sie kritische Artikel über Kuba veröffentlichen? YS: Ich kann die Reaktion der Presse nicht erklären. Ich kann Ihnen nur sagen, was passiert ist. Einer von ihnen, ein Mann um die fünfzig Jahr alt, von starkem Körperbau, so, als habe er schon immer "free wrestling" gemacht - Ich sage Ihnen das, weil mein Vater diesen Sport ausübte und er den gleichen Körperbau hatte. Ich habe ziemlich dünne Handgelenke, und es gelang mir, seinem Griff zu entkommen, und ich fragte ihn, wer er sei. Da waren drei Männer und der Fahrer. SL: Also dann gab es vier Männer statt drei. YS: Ja, aber ich konnte das Gesicht des Fahrers von hinten nicht erkennen. "Yoani, steigen sie ins Auto, sie wissen, wer wir sind." Ich antwortete: "Ich weiß nicht, wer sie sind." Der kleinste von ihnen sagte: "Hören sie, sie wissen, wer ich bin, sie kennen mich gut." Ich antwortete ihm: "Nein, ich weiß nicht, wer sie sind. Wer sind sie? Zeigen sie mir ihre Papiere oder ein anderes Dokument." Der andere sagte zu mir: "Kommen sie ins Auto, machen sie keine Schwierigkeiten." Dann fing ich an zu schreien: "Hilfe! Kindnapper!" SL: Wussten Sie, dass es Polizisten in Zivilkleidung waren? YS: Ich konnte es mir denken, aber sie zeigten mir nie irgend ein Dokument. SL: Was war denn dann Ihr Ziel? YS.: Ich wollte, dass die Sache legal abliefe; das heißt, dass sie mir ihre Dokumente zeigten und dann hätten sie mich mitnehmen können, obwohl ich den Verdacht hatte, dass sie wirklich die Behörden vertraten. Sie können keinen Bürger zwingen, in ein Privatauto einzusteigen, ohne jegliche Dokumente, andernfalls ist es illegal und gilt als Entführung. SL: Wie haben die Leute an der Bushhaltestelle reagiert? YS: Die Leute waren erstaunt, denn "Kidnapping" ist kein gebräuchliches Wort in Kuba, so ein Phänomen existiert hier nicht. Dann waren sie neugierig, was da geschah. Wir sahen nicht wie Kriminelle aus. Einer versuchte, sich uns zu nähern, aber einer der Polizisten schrie sie an: "Mischen Sie sich nicht ein, dies sind Konterrevolutionäre!" Und damit bestätigte sich, dass sie zur politischen Polizei gehörten, obwohl ich es mir schon denken konnte, als ich das "Geely"-Auto sah, ein neues chinesisches Fabrikat, das in Kuba noch nirgendwo zum Verkauf stand. Diese Autos gehören nur den Leuten der bewaffneten Armee [Ihre Unterscheidung zwischen Armee und bewaffneter Armee ist interessant. Sowas machen vermutlich nur Insider. Anmerkung vom Blogger]und dem Innenministerium. SL: Meinen Sie damit, dass Sie von Anfang an wussten, dass sie Polizisten in Zivilkleidung waren, weil sie den Wagen identifizierten, den sie fuhren? YS: Ich ahnte es. Andererseits bestätigte es sich, als einer von ihnen einen uniformierte Polizisten rief. Eine Frauenpatrouille und ein Mann kamen und nahmen zwei von uns mit. Uns ließen sie in den Händen dieser unbekannten Männer zurück. SL: Aber zu diesem Zeitpunkt hatten sie keinen Zweifel mehr, wer sie waren, nicht wahr? YS: Nein, aber sie zeigten uns keine Dokumente. Der Polizist sagte nicht, dass sie von den kubanischen Behörden seien. Sie sagten kein Wort. SL: Es ist schwer verständlich, dass die kubanischen Behörden irgend ein Interesse an einem Angriff mit dem Risiko haben könnten, einen internationalen Skandal loszutreten. Sie sind berühmt. Warum sollten sie das tun? YS: Sie wollten mich radikalisieren, damit ich grobe Artikel gegen sie schriebe, aber sie kommen damit nicht durch. SL: Wir können nicht behaupten, dass Sie sanft mit der kubanischen Regierung umgingen. [Auch ich gehe nicht sanft mit dem deutschen System um. Jedoch war bei mir die Reihenfolge umgekehrt: Zuerst hat mich der Staat durch staatliche, medizinische Verbrechen gegen mich radikalisiert, erst dann habe ich angefangen zu bloggen. Anmerkung vom Blogger] YS: Ich wende nie verbale Gewalt an oder persönliche Angriffe. Ich benutze nie harte Adjektive wie "blutige Unterdrückung", zum Beispiel. Ihr Ziel war es, mich zu radikalisieren. SL: Aber Sie springen sehr grob mit der kubanischen Regierung um. Man kann es in Ihrem Blog lesen: "das zu Wasser gelassene Schiff beginnt schiffbrüchig zu werden". Sie sprechen von "den Schreien des Despoten," von Leuten im Schatten, die sich wie Vampire von menschlicher Freude nähren, uns durch Schläge, Drohungen und Erpressungen Furcht einimpfen," "der Schiffbruch des Prozesses, des Systems, der Erwartungen, der Illusionen. es ist] [totaler] Schiffbruch," das sind wirklich starke Worte. [Die deutsche/kapitalistische Machtelite ernährt sich von der Jugendlichkeit, Natürlichkeit, Offenheit und Gesundheit der Menschen und von allem was Menschen zu Menchen macht. Sanchez bloggt aus materiellen Wohlstandsgründen für einen Systemwechsel in Kuba, und bedient sich dabei der üblichen Hebel, wie etwa Menschenrechtskritik. Ich blogge nach diversen staatlichen Verbrechen gegen mich für die Erfüllung der offiziellen in Gesetzen geschriebenen Regeln und Versprechen dieses Systems. Mein Bloggen ist Verteidigung - und weil ich massiv von diesem System angegriffen wurde und werde fällt auch meine Verteidung entsprechend aus. Anmerkung vom Blogger] YS: Vielleicht, obwohl ihr Ziel war das Yoani-Sanchez-Phänomen durch Dämonisierung zu verbrennen. Aus diesem Grunde wurde mein Blog lange Zeit blockiert. SL: Aber es erscheint überraschend, dass kubanische Behörden beschlossen, sie körperlich anzugreifen. YS: Es war plump. Ich kann nicht verstehen, warum sie mich davon abhielten, den Marsch aufzusuchen, da mein Denken ganz verschieden von dem derjenigen ist, die Unterdrückung anwenden. Ich kann's nicht erklären. Vielleicht wollten sie nicht, dass ich mich mit Jugendlichen treffe. Die Polizei dachte, ich würde einen Skandal auslösen oder eine aufwieglerische Rede halten. Zurück zu meiner Verhaftung: Die Polizei nahm meine Freunde auf energische und bestimmte Art mit sich fort, doch ohne Gewalt. Als ich merkte, dass sie uns, mich und Orlando, mit diesen drei Kerlen allein ließen, hielt ich mich an einem Baum fest und Claudia umklammerte meine Taille, um zu vermeiden, von mir getrennt zu werden, kurz bevor sie von dort fort genommen wurde. SL: Wozu soll es gut sein, sich der Polizei in Uniform zu widersetzen und Gefahr zu laufen, dafür verklagt zu werden und so ein Verbrechen zu begehen? Wenn man sich in Frankreich der Polizei widersetzt, geht man das Risiko ein, bestraft zu werden. YS: Jedenfalls haben sie sie mitgenommen. Die Polizei ergriff Claudia. Die anderen drei Personen schleppten uns in ihr Auto, und ich fing wieder an zu schreien: "Hilfe! Dies ist ein Kidnap!" SL: Warum? Wussten Sie, dass sie Polizisten waren, die keine Uniform trugen? YS: Sie zeigten keine Dokumente. Dann begannen sie mich zu schlagen und stießen mich ins Auto. Claudia war Zeugin, und sie sagte es auch aus. SL: Aber Sie sagten doch gerade, dass die Polizei-Patrouille Claudia mitgenommen habe oder nicht? YS: Sie sah die Szene aus der Entfernung, während das Polizeiauto davon fuhr. Ich verteidigte mich und schlug um mich wie ein Tier, das glaubt, sein letztes Stündlein habe geschlagen. Sie fuhren in Vedado umher, als sie versuchten, mir das Stück Papier aus dem Mund zu nehmen. Ich fasste einem von ihnen an die Hoden, und er steigerte die Gewalt. Sie brachten uns in eine ärmliche Gegend, La Timba, die in der Nähe vom Revolutionsplatz liegt. Der Mann stieg aus, öffnete die Tür des Wagens und forderte uns auf auszusteigen. Ich wollte nicht rauskommen. Da packten sie uns mit Gewalt, auch Orlando und dann verließen sie uns. Eine Frau kam zu uns, und wir erzählten ihr, dass wir gekidnapped worden seien. Sie hielt uns für verrückte Leute und ging. Das Auto kam zurück, hielt aber nicht an. Sie warfen meine Handtasche hinaus, in der ich mein Handy und meine Kamera hatte. [Das ZDF zeigte sie vor einigen Monaten beim Telefonieren in ihrer Wohnung auf dem Balkon demonstrativ mit einem etliche Meter langen Telefonkabel, à la: in Kuba gibt es keine Handys, jedenfalls nicht für System-Oppositionelle. Anmerkung vom Blogger] SL: Gaben Sie Ihnen Ihr Handy und Ihre Kamera zurück? YS: Ja. SL: Klingt es nicht drollig für Sie, dass sie sich bemühten zurückzukommen? Sie hätten ihr Mobiltelefon und Ihre Kamera konfiszieren können, die ja Ihre Arbeitsmittel sind. [Mir ist vor einigen Monaten in einem wenig besuchten Internet-Cafe, das mit der Polizei besonders eng zusammenarbeitet und wo der Bedienstete alle Nase lang durch den Raum läuft und nach dem Rechten sieht, meine Kamera abhanden gekommen. Die habe ich nie wieder bekommen. Die deutschen Polizisten oder Geheimdienstler haben sich sicher gefreut. Anmerkung vom Blogger] YS: Also, ich weiß es nicht. Das Ganze dauerte 25 Minuten. SL: Sie sind sich doch bewusst, dass, solange Sie die Fotos nicht veröffentlichen, Ihre Version dem Zweifel unterworfen ist und dass es einen Schatten auf die Glaubwürdigkeit von allem wirft, was Sie sagen. YS: Es macht mir nichts aus. [Offenbar hat ihr Blog doch eine andere Aufgabe als die der glaubwürdigen Information. Anmerkung vom Blogger] Die Schweiz und die Rückkehr nach Kuba SL: Sie beschlossen 2002, in die Schweiz auszuwandern. Zwei Jahre später kehrten sie nach Kuba zurück. Es erscheint schwer verständlich, warum Sie das "europäische Paradies" verließen, um in das Land zurückzukehren, das Sie als Hölle beschreiben. Meine Frage ist einfach: Warum? YS: Das ist eine gute Frage. Erstens mag ich es, gegen den Strom zu schwimmen. [Was für eine blöde Begründung. Und wer gegen den Strom schwimmen will, der schwimmt bestimmt nicht in die Schweiz. Anmerkung vom Blogger] Ich möchte mein Leben auf eigene Art gestalten. Absurd daran ist nicht die Sache des Gehens und Wiederkommens, sondern das kubanische Migrationsgesetz, das bestimmt, dass jede Person, die elf Monate in Übersee verbringt, ihr ständiges Aufenthaltsrecht verliert. Unter anderen Bedingungen, könnte ich zwei Jahre in Übersee verbringen und mit dem Geld, das ich dort verdient hätte, könnte ich nach Kuba zurückkehren, um mein Haus zu reparieren und einige andere Dinge zu tun. Danach ist nicht der Beschluss zur Rückkehr nach Kuba erstaunlich, sondern das kubanische Migrationsgesetz. SL: Reichlich überraschend ist insbesondere der Umstand, die Chance zu haben, in einem der reichsten Länder der Welt zu leben, Sie sich aber entschieden haben, in Ihr Land zurückzukehren, das Sie, nachdem Sie es für fast zwei Jahre verlassen hatten, auf eine apokalyptische Weise beschreiben. YS: Es gibt dafür etliche Gründe. Erstens war ich nicht fähig, meine Familie zu verlassen. Wir sind eine kleine Familie, aber einander sehr verbunden - mit meiner Schwester und meinen Eltern. Mein Vater war während meines Aufenthalts in der Schweiz krank, und ich hatte Angst, er könnte sterben, und ich könnte ihn nicht mehr sehen. Ich fühlte mich wegen meines besseren Lebens als ihres auch schuldig. Jedes Mal, wenn ich ein paar Schuhe kaufte oder ins Internet ging, musste ich an sie denken. Ich fühlte mich schuldig. SL: OK, doch Sie konnten ihnen aus der Schweiz durch Geldsendungen helfen. YS: Das stimmt, aber es gab noch einen anderen Grund. Ich dachte, mit alldem, was ich in der Schweiz gelernt hätte, könnte ich die Dinge ändern, wenn ich nach Kuba zurückkehrte. [In der Schweiz liegt die Europa-Zentrale des US-Auslands-Geheimdienstes CIA. Anmerkung vom Blogger] Man empfindet auch diese Nostalgie für die Leute, seine Freunde. Es war keine wohl überlegte Entscheidung, aber ich bereue sie nicht. Ich wollte zurückkehren, und das habe ich getan. Eigentlich könnte es ungewöhnlich erscheinen, aber ich mag es, ungewöhnliche Dinge zu tun. [Da ist eine Existenz als Geheimagentin wohl gradezu ideal. Anmerkung vom Blogger] Ich eröffnete einen Blog. Und die Leute fragten mich, warum ich das täte, während mich der Blog aber beruflich befriedigt. SL: Das ist schon richtig, aber trotz all dieser Gründe ist es immer noch schwer zu verstehen, warum Sie nach Kuba zurückkehrten, während die Menschen im Westen denken, dass alle Kubaner ihr Land verlassen möchten. Es ist umso überraschender in Ihrem Fall, weil Sie Ihr Land auf, ich wiederhole, auf so eine apokalyptische Weise darstellen. YS: Als Philologe würde ich dieses Wort, "apokalyptisch" für einen sehr hochtrabenden Begriff halten. Es gibt etwas, das meinen Blog charakterisiert: verbale Moderation. SL: Das ist nicht immer der Fall. Zum Beispiel beschreiben Sie Kuba als "ein riesiges Gefängnis mit ideologischen Mauern". Diese Begriffe sind sehr heftig. YS: Das habe ich nie geschrieben. SL: Das waren die Worte, die Sie während eines Interviews mit dem Fernsehsender France 24 am 22. Oktober 2009 benutzten. YS: Haben Sie das auf Französisch oder Spanisch gelesen? SL: Auf Französisch. YS: Trauen Sie Übersetzungen nicht, denn ich habe das nie gesagt. Ziemlich oft stoße ich auf Worte, die ich nicht gesagt habe. Zum Beispiel schrieb mir die spanische Zeitung ABC Worte zu, die ich nie formuliert hatte, und ich protestierte dagegen. Der Artikel wurde von der Internetseite zurück genommen. SL: Was waren das für Worte? YS: "In Kubas Krankenhäusern sterben mehr Menschen an Hunger als an Krankheiten." Es war eine glatte Lüge. Ich habe das nie gesagt. SL: Dann haben die westlichen Medien also das, was Sie gesagt haben, manipuliert? YS: Das würde ich nicht sagen. SL: Wenn sie Ihnen Worte zuschreiben, die Sie nicht gesagt haben, dann ist das Manipulation. YS: Die Granma-Zeitung manipuliert die Realität mehr als die westliche Presse, wenn sie sagt, ich sei ein Produkt der Prisa Mediengruppe. [Eine erstaunliche Verhamlosung einer Systemgegnerin durch die kommunistische Parteizeitung. Angeblich gilt doch in Kuba jeder Systemgegner fast automatisch als CIA-Agent. Dass die Zeitung womöglich von V-Leuten unterwandert ist, darauf deutet auch hin, dass sie die aktuelle Krise des Kapitalismus propagandistisch nicht ausnutzt, ebensowenig tut Fidel Castro das, was eigentlich erstaunlich ist. Anmerkung vom Blogger] SL: Müssten Sie dann nicht, genau genommen, denken, dass die westlichen Medien Sie benutzen, weil Sie den Kapitalismus "sui generis" in Kuba befürworten? YS: Ich bin nicht dafür verantwortlich, was die Medien tun. Mein Blog ist persönliche Therapie, eine Art Exorzismus.[Was denn nun?: beruflich befriedigend oder persönliche Therapie? Ausserdem ist Exorzismus was für religiöse Fanatiker. Anmerkung vom Blogger] Ich habe das Gefühl, in meinem eigenen Land mehr manipuliert zu werden, als in irgend einem anderen. Sie kennen dieses Gesetz in Kuba, Gesetz 88, genannt das "Gag"-Gesetz, das die Leute inhaftiert, die das tun, was mir machen. SL: Was meinen Sie? YS: Ich meine, dass unsere Unterhaltung als Verbrechen angesehen werden und dass man mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft werden könnte. SL: Entschuldigung, die Tatsache, dass ich Sie interviewe, könnte Sie ins Gefängnis bringen? YS: Natürlich! SL: Ich habe nicht das Gefühl, dass Sie das sehr beunruhigt, da Sie mir dieses Interview am hellichten Tag geben, in der Lobby eines Hotels im Herzen Havannas. YS: Ich bin nicht beunruhigt. Dieses Gesetz besagt, dass jede Person, die Kuba der Verstöße gegen die Menschenrechte beschuldigt, mit den Wirtschaftssanktionen kooperiert, da Washington die Sanktionen gegen Kuba wegen der Menschenrechtsverletzungen verhängt. SL: Wenn ich nicht irre, wurde das Gesetz 88 1996 in Reaktion auf das Helms-Burton-Gesetz erlassen, und es bestraft insbesondere die Leute, die mit der Anwendung des amerikanischen Gesetzes in Kuba kollaborieren, die Washington beispielsweise mit Information über ausländische Investoren in Kuba versorgen, damit sie in Amerika vor Gericht gestellt werden. So weit ich weiß, wurde bisher niemand dafür verurteilt. Lassen Sie uns über freie Meinungsäußerung reden. Sie haben eine gewisse Freiheit, sich über Ihren Blog zu äußern. Sie werden an diesem Nachmittag in einem Hotel interviewt. Bemerken Sie keinen Widerspruch zu Ihrer Versicherung, dass es in Kuba keine freie Meinungsäußerung gebe und der Realität Ihres Schreibens und Ihrer Aktivitäten, die das Gegenteil zeigen? YS: Ja, aber Sie können meinen Blog nicht in Kuba sehen, weil er blockiert worden ist. SL: Ich kann Ihnen versichern, dass ich ihn heute Morgen vor diesem Interview von diesem Hotel aus besucht habe. YS: Das ist möglich, aber die meiste Zeit ist er blockiert. Jedenfalls kann ich zurzeit in der kubanischen Presse nicht den kleinsten Raum einnehmen, keine Gelegenheit im Radio oder Fernsehen erhalten, wo ich doch eine moderate Person bin. [Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe: Blockiertes Weblog oder Raum in der nationalen Presse. Anmerkung vom Blogger] SL: Sie können aber in Ihrem Blog veröffentlichen, was Sie wollen, nicht wahr? YS: Aber ich kann nicht ein Wort in der kubanischen Presse veröffentlichen. SL: In Frankreich, was ein demokratisches Land ist, haben weite Teile der Bevölkerung keinen Zugang zu den Medien, weil die meisten Ausgaben der privaten Wirtschaft gehören oder Finanzgruppen. YS: Ja, aber es ist anders. SL: Wurden Sie wegen Ihrer Aktivitäten bedroht? Wurde Ihnen für das, was Sie schreiben, je mit Gefängnis gedroht? YS: Nein, keine direkten Gefängnisandrohungen, aber sie erlauben mir nicht, nach Übersee zu reisen. Ich bin zurzeit zu einem spanischsprachigen Kongress in Chile eingeladen, ich habe alle Formalitäten erfüllt, aber sie lassen mich nicht gehen. SL: Haben Sie eine Begründung erhalten? YS: Überhaupt keine, aber ich würde gerne etwas gerade rücken. US-Sanktionen gegen Kuba sind grausam. Es ist eine verfehlte Politik. Ich habe das viele Male gesagt, aber sie haben es nicht veröffentlicht, weil es sie ärgert, dass ich dieser Ansicht bin, die im Widerspruch zu der archetypischen Position jedes Oppositionsmitglieds steht. Die Wirtschaftssanktionen SL: Also, Sie sind gegen die Wirtschaftssanktionen. YS: Absolut, und ich sage es in jedem Interview. Vor einigen Wochen habe ich einen Brief an den US-Senat mit der Bitte geschickt, dass es den amerikanischen Bürgern erlaubt sein sollte, nach Kuba zu reisen. Es ist grausam, mitanzusehen, wie sie amerikanischen Bürger nicht erlauben, Kuba zu besuchen, so, wie die kubanische Regierung mir verbietet, aus meinem Land zu reisen. SL: Wie ist Ihre Meinung zu den Hoffnungen, die durch die Wahl Obamas ausgelöst wurden, der eine Änderung der Politik gegenüber Kuba versprach, aber so viele Menschen enttäuscht hat? YS: Er kam ohne die Unterstützung der in Miami ansässigen fundamentalistischen Lobby an die Macht, die den anderen Kandidaten unterstützte. Ich habe von meiner Seite bereits eine Erklärung gegen die Sanktionen abgegeben. SL: Diese fundamentalistische Lobby widersetzt sich der Aufhebung der Sanktionen. YS: Sie können mit ihnen diskutieren und ihnen meine Kriterien darlegen, aber ich würde nicht sagen, dass sie Feinde ihres Heimatlandes sind. Das glaube ich nicht. SL: Eine Gruppe von ihnen nahm 1961 auf Anordnung der CIA an der Invasion gegen ihr eigenes Land teil. Etliche von ihnen sind in Terroranschläge gegen Kuba verstrickt. YS: Die kubanischen Exilanten haben das Recht zu denken und Entscheidungen zu treffen. Ich ziehe ihr Stimmrecht vor. Hier wurden die kubanischen Exilanten sehr stigmatisiert. SL: Meinen Sie den "historischen" Exilanten oder diejenigen, die aus wirtschaftlichen Gründen ausgewandert sind? YS: Eigentlich opponiere ich gegen alles Extreme. [Sie selbst lebt gerne ungewöhnlich und schwimmt gegen den Strom, aber opponiert gegen andere die extrem leben wollen. Anmerkung vom Blogger. ] Aber diese Personen, die die Wirtschaftssanktionen gutheißen, sind keine antikubanischen Leute. Man sollte [stattdessen] annehmen, dass sie Kuba nach ihren eigenen Kriterien verteidigen. SL: Vielleicht, aber die Wirtschaftssanktionen treffen die empfindlichsten Bereiche der kubanischen Bevölkerung und nicht die Führer. Danach ist es schwer, die Sanktionen zu begünstigen und gleichzeitig zu beabsichtigen, das Wohlergehen der kubanischen Bevölkerung zu verteidigen. YS: Das ist ihre Meinung. So ist es. SL: Sie sind nicht naiv. Sie wissen, dass das kubanische Volk unter den Sanktionen leidet. YS: Sie sind einfach anders. Sie denken, dass sie das Regime durch Verhängung von Sanktionen ändern könnten. Jedenfalls denke ich, dass die Blockade der kubanischen Regierung ein perfektes Argument dafür liefert, ihre Intoleranz, Kontrolle und interne Unterdrückung aufrecht erhalten zu können. SL: Wirtschaftssanktionen haben Auswirkungen. Oder denken Sie, dass die Sanktionen Havanna nur als Entschuldigung dienen? YS: Sie sind die Entschuldigung, die zu Unterdrückung führt. SL: Beeinträchtigen sie das Land in wirtschaftlicher Hinsicht nach Ihrer Meinung? Oder ist das nur von untergeordneter Bedeutung? YS: Das eigentliche Problem ist der Mangel an Produktivität in Kuba. Wenn sie morgen die Sanktionen aufheben würden, bezweifle ich, dass es sich als gelöst zeigen würde. SL: Wenn das so ist, warum heben die Vereinigten Staaten die Sanktionen nicht auf und nehmen der kubanischen Regierung damit ihre Entschuldigung? Dann würde es sich erweisen, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten das Ergebnis heimischer Politik wären. Wenn Washington so sehr auf Sanktionen besteht, trotz deren anachronistischen Charakters, trotz der breit angelegten Mehrheit der internationalen Gemeinschaft von 187 Ländern 2009, trotz der Ablehnung der Mehrheit der US-Bevölkerung, trotz der Ablehnung seitens der Geschäftswelt, muss es einen Grund geben, glauben Sie nicht? YS: Einfach deswegen, weil Obama in den Vereinigten Staaten kein Diktator ist, und er die Sanktionen nicht aufheben kann. SL: Er kann sie nicht völlig aufheben, weil das Einverständnis des Kongresses dazu notwendig ist, aber er könnte sie beträchtlich mildern, was er bisher nicht getan hat; außer der Aufhebung der durch Bush 2004 auferlegten Beschränkungen hat sich fast nichts geändert. YS: Nein, das ist nicht wahr, denn er hat auch US-Telekommunikationskonzernen erlaubt, mit Kuba Geschäfte zu machen. [Ja klar, weil Telekommunikation für Geheimdienste und jede moderne Art der Einflussnahme, Infiltration und Überwachung das A & O ist. Erstaunlich, dass Kuba solche vergifteten Angebote womöglich annimmt. Womöglich sitzen an den Schalthebeln in den zuständigen Ministerien schon V-Leute der CIA. Anmerkung vom Blogger] Internationale Preise, Der Blog und Barack Obama SL: Sie müssen zugeben, dass das alles sehr wenig ist, da wir doch wissen, dass Obama eine neue Annäherung an Kuba versprochen hat. Lassen Sie uns zu Ihrem persönlichen Fall zurückkommen. Wie können Sie sich diesen Durchmarsch an Preisen erklären sowie den internationalen Erfolg? YS: Ich kann nicht viel dazu äußern, abgesehen von meiner Dankbarkeit. Jeder Preis enthält eine Dosis Subjektivität seitens der Jury. Jeder Preis kann hinterfragt werden. Viele lateinamerikanische Autoren verdienten beispielsweise den Literaturnobelpreis eher als Gabriel Garcia Marquez. SL: Sagen Sie das, weil sie ihn nicht für talentiert halten oder wegen seiner begünstigende Haltung gegenüber der kubanischen Revolution? Sie leugnen nicht sein Talent als Autor oder doch? YS: Es ist meine Meinung, aber ich würde nicht behaupten, dass er den Preis angenommen habe und ihn dann dafür beschuldigen wollen, ein Agent der schwedischen Regierung zu sein. SL: Er erhielt den Preis für seine literarische Arbeit, während Sie Preise für Ihre politische Haltung gegenüber der Regierung erhielten. Das ist unser Eindruck. YS: Lassen Sie uns über den Ortega and Gasset Preis sprechen, der von der Zeitung El Pais verliehen wurde, der mehr Debatten auslöst. Ich gewann ihn in der "Internet"-Kategorie. Manche sagen, dass andere Journalisten den Preis noch nicht gewonnen haben, aber ich bin eine Bloggerin und eine Pionierin auf diesem Gebiet. Ich halte mich für eine Figur im Internet. Die Ortega und Gasset Jury besteht aus hochangesehenen Persönlichkeiten, und ich würde nicht sagen, dass sie sich an einer Verschwörung gegen Kuba beteiligt hätten. SL: Aber sie können nicht leugnen, dass die Zeitung El Pais eine sehr feindselige politische Ausrichtung gegenüber Kuba behauptet. Und einige Leute denken, dass der Preis, zu dem 15.000 Euros gehören, eine Vergütung für Ihr Schreiben gegen die Regierung war. YS: Die Leute denken, was sie denken wollen. Ich denke, dass meine Arbeit belohnt wurde. Mein Blog hat 10 Millionen Besucher monatlich. Er ist ein Wirbelsturm. [Wirbelstürme bauen nichts auf, sie bringen nur Tod und Verwüstung. Sie lebt in einem Hurrican-Gebiet, weiss das also. Anmerkung vom Blogger] Doch es ist nicht das, was eine international anerkannte Messmethode des Internetverkehrs über eine Seite aussagt wie die von Alexa.com von Amazon, die nicht gleichzeitig als für der Parteilichkeit zugunsten alternativer Medienseiten von Kuba, Venezuela und Spanien verdächtig gehalten wird. Ein einfacher Vergleich von Yoanis Blog zu anderen Medienausgaben bestätigt, dass "Generacion Y" viel weniger Nachfragen aufweist als andere Webseiten; mit denen sie verglichen wird, die ihre öffentlichen Nachfragen unter monatlich 10 Millionen Zugängen haben. Verändert sich die Statistik von Generacion Y? Es könnte so sein. Ein weiteres Beispiel: Die Website mit der größten Nachfrage in den Vereinigten Staaten und eine mit der größten Nachfrage der Welt ist The New York Times, die über 17 Millionen Zugänge in jedem Monat berichtet. SL: Wie schaffen Sie es, die Kosten für einen solchen Umfang zu bewältigen? YS: Ein Freund in Deutschland pflegt das zu verhandeln, denn die Seite wurde in Deutschland eingerichtet. Sie wurde jetzt über ein Jahr lang von Spanien geführt, und ich habe dank des "Bob's Prize" ein 18-monatiges kostenloses Management erhalten. [Der spanische und der deutschen Auslandsgeheimdienst arbeiten traditionell besonders gut zusammen. Anmerkung vom Blogger] SL: Und was ist mit der 18-sprachigen Übersetzung? YS: Es sind Freunde und Bewunderer, die das ehrenamtlich und kostenlos machen. SL: Viele Menschen finden es schwer, das zu glauben, denn keine andere Website der Welt, auch die der wichtigsten internationalen Einrichtungen, beispielsweise die der Vereinten Nationen, der Weltbank, des internationalen Währungsfonds, der OECD, der Europäischen Union, haben so viele Sprachversionen. Nicht einmal die Website des US-Außenministeriums oder der CIA haben solche Vielfalt. [Ihr Blog scheint in alle Welt hinausrufen zu sollen: Kuba ist Scheisse, komme niemand nach Kuba. Und weil in allen Sprachen versteht jeder die Botschaft. Anmerkung vom Blogger] YS: Ich sage die Wahrheit. SL: Sogar Präsident Obama antwortet auf Ihr Interview. Wie würden Sie das erklären? YS: Erstens möchte ich sagen, dass es keine selbstgefälligen Fragen waren. SL: Wir können nicht sagen, dass Sie kritisch waren, da Sie ihn nicht darum baten, die Wirtschaftssanktionen aufzuheben, aber dass Sie sagten "sie werden für die Rechtfertigung des Produktionsdesasters genutzt und um diejenigen zu unterdrücken, die anders denken." Das ist genau das, was Washington diesbezüglich sagt. Die gewagteste Frage war, als Sie ihn fragten, ob er daran denke, in Kuba einzumarschieren. [Die moderne Methode einer Machtübernahme scheint ja eher die der Infiltration und Zerstörung von innen zu sein. Anmerkung vom Blogger] Wie erklären Sie die Tatsache, dass Präsident Obama einen Teil seiner Zeit damit verbrachte, Ihnen zu antworten, trotz seines außergewöhnlich engen Terminkalenders, einer einmaligen ökonomischen Krise, der Gesundheitsreform, des Iraks, Afghanistans, der Militärstützpunkte in Kolumbien, des Putsches in Honduras und Hunderter von Anfragen für Interviews von den wichtigsten Medien der Welt, was ihn alles erwartet. YS: Ich bin vom Glück begünstigt. Ich würde Ihnen gerne erzählen, dass ich auch Fragen an Präsident Raúl Castro geschickt habe, und er hat noch nicht geantwortet. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Abgesehen davon hat er jetzt den Nutzen davon, Obamas Antworten erhalten zu haben. SL: Wie haben Sie Obama erreicht? YS: Ich gab meine Fragen an etliche Leute weiter, die zu mir gekommen waren, um mich zu sehen, und erhielt so die Möglichkeit, mit ihm in Kontakt zu kommen. SL: Glauben Sie, dass Obama Ihnen antwortete, weil Sie eine kubanische Bloggerin sind oder weil Sie in Opposition zur Regierung stehen? YS: Das glaube ich nicht. Obama antwortete, weil er mit Bürgern spricht. SL: Er erhält Tausende von Anfragen jeden Tag. Warum sollte er Ihnen antworten, wenn Sie nur eine Bloggerin sind? YS: Obama steht meiner Generation nahe, meiner Art zu denken. SL: Aber warum Sie? Es gibt Millionen von Bloggern rund um die Welt. Glauben Sie nicht, dass Sie für Washingtons Medienkrieg gegen Havanna aktiviert worden sind? YS: Meiner Meinung nach wollte er vielleicht einige Aspekte ansprechen, wie die Invasion auf Kuba. Vielleicht gab ich ihm die Gelegenheit, sich in einer Angelegenheit zu äußern, die er seit langem behandeln wollte. Die politische Propaganda spricht ständig von einer möglichen Invasion auf Kuba. SL: Ja, aber es gab eine, nicht wahr? YS: Wann? SL: 1961. Und 2003 sagte der Vize-Außenminister für Interamerikanische Angelegenheiten Roger Noriega, dass jede kubanische Einwanderungswelle in die Vereinigten Staaten als eine Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werde und einer militärischen Antwort bedürfe. YS: Das ist eine andere Sache. Zurück zum Interview, ich glaube, es hat ermöglicht, einige Aspekte zu klären. Ich habe den Eindruck, dass keine Seite eine Normalisierung der Beziehungen wollte, Annäherung und Verständigung. Ich habe ihn das gefragt, als wir nach einer Lösung suchten. SL: Wer ist, Ihrer Meinung nach, verantwortlich für diesen Konflikt zwischen den beiden Ländern? YS: Es ist schwierig, jemanden zu beschuldigen. .[Nanu, sie will nichtmal Fidel Castro nennen. Anmerkung vom Blogger] SL: In diesem besonderen Fall sind es die Vereinigten Staaten, die unilaterale Sanktionen gegen Kuba verhängen, und nicht umgekehrt. YS: Ja, aber Kuba hat Besitztümer der Vereinigten Staaten konfisziert. SL: Ich habe den Eindruck, Sie arbeiten als Advokat Washingtons. YS: Konfiszierungen fanden statt. SL. Das ist wahr, aber sie geschahen in Einklang mit internationalem Gesetz. Kuba hat genauso Besitztümer von Frankreich, Spanien, Italien, Belgien und dem Vereinigten Königreich konfisziert, und diese Länder entschädigt. Das einzige Land, das die Entschädigung zurückwies waren die Vereinigten Staaten. YS: Außerdem hat Kuba die Installation von Militärbasen und Raketen eines weit entfernten Imperiums erlaubt ... SL: ...Genauso wie die Vereinigten Staaten Nuklearbasen gegen die UdSSR in Italien und der Türkei installierten. YS: Atomraketen konnten die Vereinigten Staaten erreichen. SL: Genau wie die US-Atomraketen Kuba und die UdSSR erreichen konnten. YS: Das ist wahr, aber ich glaube, es gab eine Eskalation der Konfrontation zwischen den beiden Ländern. Die fünf kubanischen politischen Gefangenen und die Dissidenz SL: Lassen Sie uns ein anderes Thema angehen. Es wird eine Menge über die fünf kubanischen politischen Gefangenen in den Vereinigten Staaten geredet, die zu lebenslangen Strafen verurteilt wurden, weil sie extrem rechte Fraktionen in Florida infiltriert hatten, die in den Terrorismus gegen Kuba verwickelt sind. YS: Das ist keine Angelegenheit, die die Bevölkerung interessiert. Das ist politische Propaganda. SL: Aber was ist ihre Meinung in dieser Sache? YS: Ich versuche so neutral wie möglich zu sein. Sie sind Agenten des Innenministeriums und haben die Vereinigten Staaten infiltriert, um Informationen zu sammeln. Die kubanische Regierung sagt, sie hätten keine Spionageaktivitäten begangen, sondern sie hätten kubanische Gruppen infiltriert, um Terrorakte zu verhindern. Aber die kubanische Regierung hat immer gesagt, diese Gruppen seien mit Washington verbunden. SL: Dann haben die radikalen Gruppen Verbindungen zur US-Regierung. YS: Das ist, was die politische Propaganda behauptet. SL: Dann ist es nicht wahr. YS: Wenn es wahr ist, bedeutet es, dass die Fünf Spionageakte begangen haben. SL: Dann müssten die Vereinigten Staaten in diesem Fall zugeben, dass gewalttätige Gruppen Teil der Regierung sind. YS: Das ist wahr. SL: Glauben Sie, das die Fünf entlassen werden sollten oder dass sie ihre Strafen verdienen? YS: Ich glaube, es wäre es wert, ihren Fall zu überprüfen, aber in einem politischen Kontext größerer Ruhe. Ich glaube nicht, das der politische Gebrauch des Falles gut für sie sein könnte. Die kubanische Regierung hält den Fall in den Medien zu hoch. SL: Vielleicht weil es eine Sache ist, die in der westlichen Presse völlig zensiert wird. YS: Ich glaube, diese Personen könnten gerettet werden, sie sind Menschen, mit Familien und Kindern, aber es gibt auch Opfer auf der anderen Seite. SL: Aber die Fünf haben keine Verbrechen begangen. YS: Nein, aber sie haben Informationen geliefert, was zum Tod einiger Leute führte. SL: Wenn Sie sich auf die Ereignisse vom 24. Februar 1996 beziehen, als zwei Flugzeuge der radikalen Organisation "Brothers to the Rescue" abgeschossen wurden, nachdem sie mehrfach den kubanischen Luftraum verletzt und Flugblätter abgeworfen hatten, in denen zum Aufstand aufgefordert wurde. YS: Ja. SL: Trotzdem hat der Bezirksstaatsanwalt eingeräumt, dass es unmöglich sei, Gerardo Hernández' Schuld in dieser Angelegenheit zu beweisen. YS: Das ist wahr. Ich glaube, das ist, was dabei herauskommt, wenn die Politik sich in Angelegenheiten der Justiz einmischt. SL: Halten Sie dies für einen politischen Fall? YS: Für die kubanische Regierung ist es ein politischer Fall. SL. Und für die Vereinigten Staaten? YS: Ich habe verstanden, dass es dort Gewaltenteilung gibt, aber die politische Atmosphäre könnte die Richter und Geschworenen beeinflusst haben, aber ich glaube nicht, dass wir über einen politischen Fall sprechen, der von Washington geführt wird. Es ist schwierig, einen klaren Eindruck von dem Fall zu bekommen, da wir nie in der Lage waren, die vollen Informationen darüber zu bekommen. Aber die Entlassung von politischen Gefangenen ist eine Priorität für die Kubaner. Die US-Finanzierung kubanischer Dissidenten SL: Wayne S. Smith, der letzte Botschafter der Vereinigten Staaten [sic, Wayne war Chef der US-Interessenvertretung in Havanna während der Carter-Administration, gefolgt von einigen anderen] erklärte, dass das Schicken von Geld an kubanische Dissidenten illegal und unklug sei. Er fügte hinzu: "Niemand sollte Dissidenten Geld geben, schon gar nicht mit dem Ziel, die kubanische Regierung zu stürzen." Und er erklärt: "Wenn die Vereinigten Staaten erklären, dass es ihre Absicht sei, die kubanische Regierung zu stürzen, und dann zugibt, dass eine der Maßnahmen, dieses Ziel zu erreichen, die Versorgung kubanischer Dissidenten mit Fonds sei, dann befinden die sich tatsächlich in der Position von Agenten, die von einer ausländischen Macht dafür bezahlt werden, ihre eigene Regierung zu stürzen." YS: Ich glaube, die Finanzierung der Opposition von Seiten der Vereinigten Staaten wird als Realität präsentiert, was nicht der Fall ist. Ich kenne mehrere Mitglieder der Gruppe der 75 Dissidenten, die 2003 verhaftet wurden, und bezweifle diese Version sehr. Ich habe keine Anzeichen dafür, dass die 75 aus diesem Grund verhaftet wurden. Ich glaube nicht an die Beweise, die vor dem kubanischen Gericht präsentiert wurden. SL: Ich glaube nicht, dass es möglich ist, diese Realität zu ignorieren. YS: Warum? SL: Die US-Regierung selbst gibt zu, dass sie die interne Opposition seit 1959 finanziert. Es reicht, neben den freigegebenen Archiven, Sektion 1705 des Torricelli-Gesetzes von 1992, Sektion 109 des Helms-Burton-Gesetzes von 1996 und die beiden Berichte der "Commission for Assistance to a Free Cuba" vom Mai 2004 und Juli 2006 nachzuschlagen. Alle diese Dokumente zeigen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten die interne Opposition in Kuba mit dem Ziel, die Regierung in Havanna zu stürzen, finanziert. YS: Ich weiß nicht, aber ... SL: Wenn Sie erlauben, werde ich die fraglichen Gesetze zitieren. Also, Sektion 1705 des Torricelli-Gesetzes legt fest: "Die Vereinigten Staaten werden Nichtregierungsorganisationen Unterstützung gewähren, die geeignet ist für Personen und Organisationen, die für einen demokratischen und gewaltfreien Wechsel in Kuba eintreten." Sektion 109 des Helms-Burton-Gesetzes ist ebenfalls klar: "Der Präsident [der Vereinigten Staaten] ist ermächtigt, Personen und unabhängigen Nichtregierungsorganisationen Hilfe anzubieten mit dem Blick auf den Aufbau eines demokratischen Kuba." Der erste Bericht der "Commission for Assistance to a Free Cuba" setzt die Etablierung eines "soliden Programms zur Unterstützung der kubanischen Zivilgesellschaft" in Kraft. Unter den angekündigten Maßnahmen waren 36 Millionen Dollar zur Finanzierung der "Unterstützung der demokratischen Opposition und Stärkung der kommenden Zivilgesellschaft." Der zweite Report der "Commission for Assistance to a Free Cuba" setzt ein Budget von 31 Millionen Dollar zusätzlich zur Finanzierung der internen Opposition in Kraft. Dazu sind auch noch für die folgenden Jahre mindestens 20 Millionen Dollar pro Jahr mit dem selben Ziel eingeplant, "bis die Diktatur aufgehört hat zu existieren". YS: Wer hat Ihnen erzählt, dass das Geld die Dissidenten erreicht hat? [Fehlt bloss noch dass er ihr nun eine Liste präsentiert auf der genau aufgeführt ist, wann sie wieviel Geld über welche Kanäle bekommen hat. Anmerkung vom Blogger] SL: Die US-Interessenvertretung hat es in einem Kommuniqué zugegeben: "Es ist schon seit langer Zeit US-Politik, dem kubanischen Volk humanitäre Hilfe zu gewähren, insbesondere den Familien politischer Gefangener. Wir erlauben auch privaten Organisationen, das selbe zu tun." YS: Gut ... SL: Sogar Amnesty International, das von der Existenz von 58 politischen Gefangenen in Kuba spricht, erkennt an, dass sie im Gefängnis sind "für den Erhalt von Materialfonds von der US-Regierung, um Aktivitäten durchzuführen, die die Behörden als subversiv und Kuba beschädigend betrachtet. YS: Ich weiß nicht, ob ... SL: Auf der anderen Seite geben die Dissidenten selbst zu, Geld von den Vereinigten Staaten zu erhalten. Laura Pollán, eine der so genannten "Damen in Weiß", erklärte: "Wir akzeptieren Hilfe, Unterstützung von der Ultrarechten bis zur Linken, bedingungslos." Opponent Vladimiro Roca gab ebenfalls zu, dass die kubanische Dissidenz von Washington subventioniert wird und behauptet, die erhaltene finanzielle Hilfe sei "absolut legal." Für Dissident René Gómez ist die wirtschaftliche Unterstützung seitens der Vereinigten Staaten "nichts, was man verbergen oder für was wir uns schämen müssten." Sogar die westliche Presse erkennt das an. Die Französische Presseagentur berichtet, dass "Dissidenten ihrerseits diese wirtschaftliche Hilfe verteidigen und akzeptieren." Die spanische Agentur EFE spricht von "Opponenten, die von den Vereinigten Staaten bezahlt werden." Und die britische Nachrichtenagentur Reuters führt aus: "die US-Regierung gewährt offen Staatsgelder als Hilfe für die Aktivitäten der Dissidenten, was von Kuba als illegaler Akt betrachtet wird." Und ich könnte noch viel mehr Beispiele anführen. YS: Das ist alles die Schuld der kubanischen Regierung, die den wirtschaftlichen Wohlstand seiner Bürger verhindert, die ihrer Bevölkerung Rationierungen auferlegt. Die Leute müssen Schlange stehen, um an Waren zu kommen. Man muss zuerst die kubanische Regierung anklagen, die Tausende von Leuten dazu gebracht hat, fremde Hilfe anzunehmen. SL: Das Problem ist, dass die Dissidenten ein Verbrechen begehen, das vom kubanischen Gesetz und allen Strafgesetzbüchern der Welt streng bestraft wird. Sich von einer ausländischen Macht finanzieren zu lassen, ist in Frankreich und dem Rest der Welt ein schweres Verbrechen. YS: Wir können zugeben, dass die Tatsache der Finanzierung einer Opposition der Beweis für Einmischung ist, aber ... SL: Aber in diesem Fall sind die Leute, die Sie als politische Gefangene bezeichnen, gar keine politischen Gefangenen, weil sie ein Verbrechen begangen haben, wenn sie Geld von den Vereinigten Staaten annehmen, und das kubanische Gesetz hat sie dafür bestraft. YS: Ich glaube, dass sich diese Regierung viele Male in die inneren Angelegenheiten anderer Länder eingemischt hat, indem sie Rebellenbewegungen und die Guerilla finanzierte. Sie hat in Angola interveniert und ... .[Auch Sanchez mischt sich ohne Erlaubnis in die inneren privaten Angelegenheiten anderer Menschen ein. Anmerkung vom Blogger] SL: Ja, aber es war eine Hilfsaktion für eine Unabhängigkeitsbewegung gegen den portugiesischen Kolonialismus und Süd Afrikas Rassentrennungs-Regime. Als Süd Afrika in Namibia einmarschierte, intervenierte Kuba, um die Unabhängigkeit des Landes zu verteidigen. Nelson Mandela hat Kuba dafür öffentlich gedankt, und das war der Grund dafür, dass er seine erste Reise nach Havanna unternahm und nicht nach Washington oder Paris. YS: Ja, aber viele Kubaner sind dafür gestorben, weit entfernt von ihrem Land. SL: Ja, aber es war für eine edle Sache, ob in Angola, im Kongo oder in Namibia. [Aber nur dann zu rechtfertigen, wenn es freiwillige Soldaten waren. Anmerkung vom Blogger] Die Schlacht von Cuito Cuanavale von 1988 machte die Beendigung der Apartheid in Süd Afrika möglich. Das ist es, was Mandela sagt! Sind Sie nicht stolz darauf? YS: OK, am Ende ist es die Einmischung meines Landes im Ausland, was mich mehr ärgert als alles andere. Es ist nötig, den Wohlstand zu entkriminalisieren. SL: Auch die Annahme von Geld von einer ausländischen Macht? YS: Die Leute müssen wirtschaftlich autonom sein. SL. Wenn ich richtig verstehe, sind sie für die Privatisierung gewisser Sektoren der Wirtschaft. YS: Privatisierung? Nein, den Ausdruck mag ich nicht, weil er eine abschätzige Konnotation hat, aber legt sie in die Hände von Privatpersonen, ja. Soziale Errungenschaften in Kuba? SL: Es ist also eine Frage der Semantik. Was sind, Ihrer Meinung nach, die sozialen Errungenschaften dieses Landes? YS: Jede Errungenschaft machte enorme Kosten. Alle Dinge, die positiv aussehen könnten, gingen auf Kosten der Freiheit. Mein Sohn erhält eine sehr indoktrinierende Ausbildung, und ihn wird eine Geschichte Kubas gelehrt, die überhaupt nichts mit der Realität zu tun hat. Ich hätte lieber eine weniger ideologische Ausbildung für meinen Sohn. Auf der anderen Seite will niemand in diesem Land Lehrer werden, weil die Gehälter sehr niedrig sind. SL: OK, aber das hält Kuba nicht davon ab, das Land zu sein, das die höchste Zahl von Lehrern pro Einwohner in der Welt hat mit maximal 20 Schülern pro Klassenraum, was zum Beispiel in Frankreich nicht der Fall ist. YS: Ja, aber es hat Kosten erzeugt, und deswegen sind für mich Ausbildung und Gesundheit keine echten Errungenschaften. [Dann müsste sie Obamas Gesundheitsreform und so gut wie alle westlichen Gesundheits- und Sozialsysteme ebenfalls ablehnen, denn es wird die zentrale Erfassung aller Kunden- und Patientendaten verwirklicht - mithin also enorm hohe Freiheitskosten verursacht. Anmerkung vom Blogger] SL: Wir können etwas, das von allen internationalen Institutionen anerkannt wird, nicht abstreiten. Bezüglich der Ausbildung beträgt die Analphabetenrate in Lateinamerika 11,7% und 0,2% in Kuba. Die Rate für die Grundschulabschlüsse beträgt in Lateinamerika 92% und in Kuba 100% und für die höhere Schulbildung 52% bzw. 99,7%. Diese Zahlen sind von der UNESCO-Abteilung für Erziehung. YS: Ich stimme zu, aber 1959 war die Situation nicht so schlecht, obwohl die Bedingungen in Kuba schwierig waren. Es gab ein blühendes intellektuelles Leben, ein lebendiges politisches Denken. Tatsächlich waren die meisten der heutigen angeblichen Errungenschaften, die als Erfolg des Systems präsentiert werden, inhärent in unserer Idiosynkrasie [unserer Eigenheit oder Überempfindlichkeit innewohnend - ??? - Anm. d. Ü.]. Diese Errungenschaften existierten schon vorher. SL: Das ist nicht wahr. Ich werden eine Quelle zitieren, die über jeden Verdacht erhaben ist: einen Bericht der Weltbank. Es ist ein langes Zitat, aber wert, wiederholt zu werden. "Kuba wird international für seine Errungenschaften auf den Feldern der Erziehung und Gesundheit mit Erfolgen in der Sozialfürsorge gewürdigt, die die meisten Länder der sich entwickelnden Welt übertreffen und auf einigen Gebieten den Standard der Ersten Welt erreichen. Seit der Kubanischen Revolution von 1959 und der folgenden Etablierung einer kommunistischen Einparteienregierung hat das Land ein System der Sozialfürsorge geschaffen, das allgemeinen Zugang zu der vom Staat gewährte Ausbildung und Gesundheitsfürsorge garantiert. Dieses Model hat es Kuba ermöglicht, nahezu universelle Lese- und Schreibfähigkeit, die Ausrottung bestimmter Krankheiten, weitgehenden Zugriff auf fließendes Wasser und sanitäre Anlagen und eine der niedrigsten Kindersterblichkeiten und längsten Lebenserwartungen der Region zu erreichen. Eine Prüfung der sozialen Indikatoren Kubas zeigt ein Raster von nahezu ständigen Verbesserungen von 1960 durch die 1980er. Einige Hauptindikatoren wie Lebenserwartung und Kindersterblichkeit verbesserten sich [sogar] während der Wirtschaftskrise des Landes in den 1990ern ... Heute ist Kubas soziale Ausstattung unter den besten der sich entwickelnden Welt, wie von zahlreichen internationalen Quellen dokumentiert wird, darunter die Weltgesundheitsorganisation, die Entwicklungsprogramme der Vereinten Nationen und andere UN-Agenturen und die Weltbank. Laut der Weltentwicklungsindikatoren von 2002 überragt Kuba bei Hauptindikatoren wie Erziehung, Gesundheit und sanitäre Anlagen sowohl Lateinamerika als auch die Karibik und andere Länder mit niedrigen oder mittleren Einkommen." Darüber hinaus zeigen die Zahlen das Folgende: 1959 war die Säuglingssterblichkeit 60 pro Tausend Lebendgeburten. 2009 war sie 4,8. Wir sprechen von der niedrigsten des amerikanischen Kontinents, sogar niedriger als die der Vereinigten Staaten. YS: Gut, aber ... SL: Die Lebenserwartung betrug vor der Revolution 58 Jahre. Jetzt beträgt sie fast 80 Jahre und ist damit ähnlich denen vieler entwickelter Länder. Zurzeit hat Kuba 67.000 Ärzte verglichen mit 6.000 1959. Laut der englischen Zeitung "The Guardian" hat Kuba doppelt so viel Ärzte wie England, für eine Bevölkerung die vier Mal kleiner ist. [Bei uns arbeiten Ärzte nach dem für Steuerzahler teuersten Studium das es gibt, anschliessend lieber nicht am Patienten sondern als Schauspielerin, Tagesthemen-Moderatorin, TV-Quizmaster oder gehen in die Politik, während über Ärztemangel in Deutschland geklagt wird. Anmerkung vom Blogger] YS: OK, aber in Sachen Freiheit Rede gibt es einen Rückgang verglichen mit Batistas Regierung. Das Regime war eine Diktatur, aber es gab eine pluralistische und offene Freiheit von Presse, Radio und allen politischen Richtungen. [Eigenartige Konstellation: Pluralistische und offene Freiheit der Medien und Politik unter einer Diktatur. Wie ein Modell für einen modernen globalen Polizeistaat. Anmerkung vom Blogger] SL: Das ist nicht wahr. Es gab Zensur. Zwischen Dezember 1956 und Januar 1959, während des Krieges gegen das Batista-Regime, wurde an 630 von 759 Tagen Zensur verhängt. Und Opponenten wurden in der Regel verurteilt. YS: Es ist wahr, dass es am Ende Zensur, Einschüchterung und tote Menschen gab. SL: Dann können Sie nicht sagen, dass die Situation unter Batista besser war, weil Opponenten ermordet wurden. Das ist heute nicht mehr der Fall. Glauben sie, dass der 1. Januar ein tragisches Datum in der kubanischen Geschichte ist? YS: Nein, nein, überhaupt nicht. Es war ein Prozess, der eine Menge Hoffnung machte, aber die meisten Kubaner betrog. Für viele Menschen war es ein strahlender Tag, aber sie beendeten eine Diktatur und etablierten eine andere. Ich bin nicht so negativ wie manche. Luís Posada Carries, der "Cuban Adjustment Act" und Auswanderung SL: Was halten Sie von Luís Posada Carriles, einem früheren CIA-Agenten, der verantwortlich für eine große Zahl von Verbrechen in Kuba ist und den die Vereinigten Staaten sich weigern vor Gericht zu stellen? YS: Das ist eine politische Angelegenheit, für die die Leute sich nicht interessieren. Das ist Vernebelung SL: Es interessiert zumindest die Verwandten der Opfer. Was ist ihre Ansicht in dieser Sache? YS: Ich mag keine Gewalttaten. SL: Verurteilen Sie seine Terrorakte? YS: Ich verurteile alle Terrorakte, sogar die, die heute im Irak vom angeblichen irakischen Widerstand begangen werden, der Iraker tötet. .[Wieso "sogar"? Als Anwältin Washingtons lehnt sie natürlich die Angriffe des irakischen Widerstandes gegen die US-Besatzungstruppen ab. Anmerkung vom Blogger] SL: Was tötet mehr Iraker, die Angriffe des Widerstands oder die US-Bombardierungen? YS: Weiß ich nicht. SL: Ein Wort zum "Cuban Adjustment Act", der festlegt, dass Kubaner, die legal oder illegal in die Vereinigten Staaten auswandern, automatisch den Status permanenter Einwohner erhalten. YS: Es ist ein Vorteil, den die anderen Länder nicht genießen. Aber die Tatsache, dass Kubaner in die Vereinigten Staaten auswandern wollen, liegt daran, dass die Situation hier schwierig ist. SL: Und die Vereinigten Staaten das reichste Land der Welt sind. Es gibt dort auch viele europäische Immigranten. Sie geben zu, dass der "Cuban Adjustment Act" ein wundervolles Werkzeug für die Anstiftung von legaler und illegale Emigration ist. YS: Er ist in der Tat eine Art Anstiftung SL: Betrachten Sie ihn nicht als Werkzeug, die Gesellschaft und die Regierung zu destabilisieren? YS: In dem Fall können wir auch sagen, dass die Tatsache, dass Nachfahren von Spaniern, die in Kuba geboren wurden, die spanische Staatsbürgerschaft erhalten, ein destabilisierender Faktor ist. SL: Das gehört nicht zur Sache, weil es dafür historische Gründe gibt und, nebenbei, Spanien wendet dieses Gesetz auf alle lateinamerikanischen Länder an, nicht nur auf Kuba, während der "Cuban Adjustment Act" einzigartig in der Welt ist. YS: Ja, aber es gibt starke Beziehungen. Baseball wird sowohl in Kuba als auch in den Vereinigten Staaten gespielt. [Echt witzig. Anmerkung vom Blogger] SL: Und auch in der Dominikanischen Republik, und es gibt keinen "Dominikanischen Adjustment Act". YS. Es gibt aber eine Tradition der Annäherung. SL: Warum wurde das Gesetz dann nicht vor der Revolution erlassen? YS: Weil die Kubaner damals ihr Land nicht verlassen wollten. Damals war Kuba ein Einwanderungs- und nicht ei n Auswanderungsland. SL. Das ist absolut falsch, da Kuba in den 1950ern schon auf Platz zwei unter den lateinamerikanischen Staaten belegte, was die Zahl der Migranten in die Vereinigten Staaten betrifft, nur hinter Mexiko. Aus Kuba kamen mehr Emigranten in die Vereinigten Staaten als aus den mittelamerikanischen und südamerikanischen zusammen, während Kuba heute nur den zehnten Platz belegt, trotz "Cuban Adjustment Act" und Wirtschaftssanktionen. YS: Kann sein, aber die Besessenheit, das Land zu verlassen, gab es nicht. SL: Die Zahlen sagen das Gegenteil. Heutzutage, ich wiederhole mich, belegt Kuba nur den zehnten Platz des amerikanischen Kontinents bezüglich Auswanderung in die Vereinigten Staaten. Dann ist die Besessenheit, von der Sie reden, in mindestens neun Ländern des Kontinents stärker. YS: Ja, aber zu der Zeit reisten Kubaner aus und kehrten wieder zurück. SL: Wie heute, da jedes Jahr Kubaner aus dem Ausland zurückkommen, um hier ihren Urlaub zu verbringen. Dazu kommt, dass vor 2004, bevor Präsident Bush die Restriktionen erließ und die Reisen von Kubanern aus den USA auf 14 Tage alle drei Jahre beschränkte, bildeten die Kubaner die Minderheit in den Vereinigten Staaten, die am häufigsten in ihr Heimatland reiste, viel häufiger als Mexikaner zum Beispiel, was zeigt, dass die breite Mehrheit der Kubaner in den Vereinigten Staaten Wirtschtschaftsauswanderer sind und nicht politische Exilanten, weil sie für Besuche in ihr Land zurückkehren, was politische Exilanten nicht täten. YS: Ja, aber fragen Sie sie, ob sie hier bleiben würden, um wieder hier zu leben. SL: Aber das haben Sie getan, richtig? Nebenbei, im Juli 2007 schrieben Sie in Ihrem Blog, das Ihr Fall kein Einzelfall war. Und ich zitiere: "Vor drei Jahren [...] in Zürich [...], entschied ich mich, in mein Land zurückzukehren um zu bleiben. Meine Freunde dachten, ich würde scherzen, meine Mutter wollte nicht wahr haben, dass ihre Tochter nicht mehr in der Schweiz bei Milch und Schokolade lebte." Am 12. August 2004 sprachen sie bei Einwanderungsbeamten in Havanna vor, um Ihren Fall zu erklären. Sie schrieben: "Ich war überrascht, dass ich mich an der Schlange derjenigen, die zurückkamen anstellen sollte [...] Also traf ich ganz plötzlich auf andere ‚verrückte Leute' wie mich, jeder von ihnen mit der eigenen grauenhaften Geschichte der Rückkehr." Dann existiert das Phänomen der Rückkehr in dieses Land. YS: Ja, aber diese Leute kehren aus persönlichen Gründen zurück. Es gibt welche, die haben Schulden im Ausland, andere hielten das Leben im Ausland nicht aus. Gut, Dutzende von Gründen. SL: Dann ist, trotz Schwierigkeiten und täglicher Unsicherheit, das Leben gar nicht so schrecklich hier, da einige zurückkommen. Glauben Sie, dass Kubaner ein zu idyllisches Bild vom Leben im Ausland haben? YS: Das kommt von der Propaganda des Regimes, das das Leben im Ausland zu negativ darstellt, und das hat bei den Leuten, die die westliche Art zu leben allzu sehr idealisiert haben, das Gegenteil zur Folge. Das Problem ist, dass in Kuba eine Auswanderung für mehr als elf Monate endgültig ist, statt dass man zwei Jahre im Ausland leben und dann für eine Zeit zurückkommen und dann wieder ausreisen könnte usw. SL: Dann ist, wenn ich es richtig verstehe, das Problem in Kuba von wirtschaftlicher Natur, da die Leute das Land verlassen, um ihren Lebensstandard zu steigern. YS: Viele würden gerne reisen und wieder zurückkommen, aber die Migrationsgesetze erlauben es ihnen nicht. Ich bin sicher, dass viele Leute, wenn es möglich wäre, für zwei Jahre emigrieren würden, und dann wieder zurückkommen und dann wieder ausreisen und zurückkommen usw. SL: Es gab interessante Kommentare darüber in Ihrem Blog. Einige Emigranten sprachen über ihre Enttäuschung über die westliche Art zu Leben. YS: Das ist sehr menschlich. Du verliebst dich in eine Frau und drei Monate später verlierst du deine Begeisterung. Du kaufst ein Paar Schuhe und zwei Tage später gefallen sie dir nicht mehr. Enttäuschungen sind Teil der menschlichen Natur. Das schlimmste ist, das die Leute nicht zurückkommen können. SL: Aber die Leute kommen zurück. YS: Ja, aber nur in den Ferien. SL: Aber sie haben das Recht, so lange zu bleiben, wie sie wollen, sogar mehrere Jahre, obwohl sie einige Vorteile als permanente Einwohner verlieren, wie die Rationierungskarte, Bevorzugung bei der Unterkunft usw. YS: Ja, aber die Leute können nicht für Monate bleiben, sie haben ihr Leben im Ausland, ihre Jobs usw. SL: Das ist etwas anderes, und es ist für alle Emigranten in aller Welt das selbe, sie können vollständig nach Kuba zurückkehren, wann immer sie wollen und dort bleiben solange sie wollen. Das Einzige ist, dass sie einige Vorteile verlieren, wenn sie länger als elf Monate außerhalb des Landes bleiben. Auf der anderen Seite finde ich es schwer zu verstehen, wenn die Realität hier so schrecklich ist, warum will dann jemand, der die Gelegenheit hat, im Ausland zu leben, in einem entwickelten Land, wieder nach Kuba zurückkommen? YS: Aus zahlreichen Gründen, ihre Familienbande usw. SL: Die Realität ist nicht dramatisch. YS: Das würde ich nicht sagen, aber einige Leute haben bessere Bedingungen als andere. SL: Was ist Ihrer Meinung nach das Ziel der US-Regierung bezüglich Kuba? YS: Die Vereinigten Staaten wollen einen Regierungswechsel in Kuba, aber das will ich auch. SL: Dann haben sie mit den Vereinigten Staaten ein gemeinsames Ziel. YS: Wie viel Kubaner. SL: Davon bin ich nicht überzeugt, aber warum? Wieso ist das eine Diktatur? Was will Washington von Kuba? YS: Ich glaube, das ist eine geopolitische Angelegenheit. Es gibt auch den Willen des kubanischen Exils, der berücksichtigt werden muss, und die wollen ein neues Kuba, den Wohlstand der Kubaner. SL: Durch das Aufzwingen von Wirtschaftssanktionen? YS: Es hängt davon ab, auf wen Sie sich beziehen. Die Vereinigten Staaten, glaube ich, wollen verhindern, dass die Migrationsbombe explodiert. SL: Ist das so? Mit dem "Cuban Adjustment Act", der Kubaner verlockt, ihr Land zu verlassen? Warum setzen sie ihn dann nicht außer Kraft? YS: Ich glaube, dass das wirkliche Ziel der Vereinigten Staaten ist, die kubanische Regierung zu beenden, um eine stabilere Zone zu schaffen. Es ist eine Menge über David gegen Goliath geredet worden, um von dem Konflikt zu sprechen. Aber für mich ist der einzige Goliath die kubanische Regierung, die Kontrollen, Illegalität, niedrige Löhne, Unterdrückung, Einschränkungen aufzwingt. SL: Glauben Sie nicht, dass die US-Feindseligkeit dazu beigetragen hat? YS: Ich glaube nicht nur, dass sie dazu beigetragen hat, sondern auch, dass sie zum Hauptargument dafür geworden ist, dass wir in einer belagerten Festung leben, und dass Dissidenz Landesverrat ist. Tatsächlich glaube ich, dass die kubanische Regierung das Ende der Konfrontation fürchtet. Die kubanische Regierung will den Erhalt der Wirtschaftssanktionen. SL: Wirklich? Das ist genau das, was Washington in einer irgendwie widersprüchlichen Weise sagt, weil, wenn das so wäre, sollte es die Sanktionen aufheben, damit die kubanische Regierung für ihre Verantwortung einsteht. Die Sanktionen als Entschuldigung für die Probleme in Kuba wären nicht mehr da. YS: Jedes Mal wenn die Vereinigten Staaten versucht haben, die Situation zu verbessern, hatte die kubanische Regierung eine kontraproduktive Einstellung. SL: Wann haben die Vereinigten Staaten versucht, die Situation zu verbessern? Seit 1960 sind die Sanktionen, außer während der Carter-Aera, ständig verschärft worden. Da ist es schwierig, diesen Diskurs aufrecht zu erhalten. 1992 haben die Vereinigten Staaten das Torricelli-Gesetz mit extraterritorialen Auswirkungen verabschiedet, 1996 das Helms-Burton-Gesetz, extraterritorial und rückwirkend, 2004 hat Bush neue Sanktionen eingeführt und verschärfte sie 2006. Da kann man nicht sagen, die Vereinigten Staaten hätten versucht, die Situation zu verbessern. Die Fakten zeigen das Gegenteil. Nebenbei, wenn Sanktionen für die kubanische Regierung von Vorteil sind und nur zur Entschuldigung dienen, warum sie dann nicht abschaffen? Die Führer sind nicht diejenigen, die unter Sanktionen leiden, sondern das Volk. YS: Obama hat einen Schritt in diese Richtung unternommen, vielleicht nicht genug, aber interessant. SL: Er hat nur die Restriktionen abgeschafft, die Bush den Kubanern aufgezwungen hat, die sie daran hinderte, Kuba für mehr als besten Falls 14 Tage alle drei Jahre zu besuchen und nur wenn sie ein direktes Familienmitglied in Kuba haben. Er hat sogar den Begriff Familie neu definiert. Dadurch konnte jemand, der in Kuba nur einen Onkel hatte, nicht in sein Heimatland reisen, weil der Onkel nicht als "direktes" Familienmitglied betrachtet wurde.. Obama hat nicht alle von Bush erlassenen Sanktionen aufgehoben, sodass wir nicht einmal zum Status vor Clinton zurückgegangen sind. YS: Ich glaube, beide Seiten sollten sich im Ton mäßigen, und Obama hat das getan. Obama kann keine Sanktionen aufheben, weil er die Bewilligung des Kongresses braucht. SL: Aber er kann sie erheblich mildern, indem er einfach Rechtsverordnungen unterschreibt, was er bisher abgelehnt hat. YS: Ja, er hat andere Dinge zu tun, wie Arbeitslosigkeit und die Gesundheitsreform. SL: Immerhin fand er Zeit, auf Ihre Anfrage zu antworten. YS: Ich bin ein Glückspilz. SL: Die Position Kubas ist die folgende: Wir müssen nichts vor den Vereinigten Staaten tun, da wir den Vereinigten Staaten keine Sanktionen aufzwingen. YS: Ja, und die Regierung sagt auch, die Vereinigten Staaten sollten keine inneren Veränderungen verlangen, weil das Einmischung sei. SL: Das ist es auch, richtig? YS: Ist es dann auch Einmischung, wenn ich einen Wandel fordere? SL: Nein, weil Sie Kubanerin sind und aus dem Grund ein Recht haben, die Zukunft Ihres Landes mitzubestimmen. YS: Das Problem ist nicht, wer diesen Wandel fordert, sondern die in Frage stehenden Änderungen. SL: Ich bin nicht sicher, weil ich als französischer Bürger es nicht mögen würde, wenn sich die belgische oder deutsche Regierung in die inneren Angelegenheiten Frankreichs einmischen würden. Akzeptieren Sie als Kubanerin es, wenn die US-Regierung Ihnen erzählt, wie Ihr Land regiert wird? YS: Wenn das Ziel eine Aggression gegen das Land ist, ist es offensichtlich inakzeptabel. SL: Halten Sie Wirtschaftssanktionen für eine Aggression? YS: Ja, ich halte sie für eine Aggression, weil sie keinen Erfolg gebracht haben und eine Mutter des kalten Krieges sind, dass sie keinen Sinn machen, dass sie das Volk treffen, und das hat die Regierung stärker gemacht. Aber ich wiederhole, dass die kubanische Regierung für 80% der derzeitigen Wirtschaftskrise verantwortlich ist und dass die anderen 20% auf die Wirtschaftssanktionen fallen. SL: Noch einmal, ich wiederhole, das ist exakt die Position der US-Regierung und die Zahlen sagen das Gegenteil. Wenn das der Fall wäre, glaube ich nicht, dass 187 Länder aus aller Welt sich die Mühe machen würden, für eine Resolution gegen die Sanktionen zu stimmen. Dies ist das 18. aufeinander folgende Mal, dass die große Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten erklärt, gegen die wirtschaftliche Bestrafung zu sein. Wenn es eine untergeordnete Angelegenheit wäre, glaube ich nicht, dass sich diese Nationen die Mühe machten abzustimmen. YS: Aber ich bin kein Wirtschaftsspezialist, es ist mein persönliches Gefühl. SL: Was empfehlen sie denn dann für Kuba? YS: Ich glaube, die Wirtschaft muss liberalisiert werden. Das geht nicht über Nacht, weil es einen Bruch auslösen und zu sozialen Unterschieden führen würde, was die verletzlichsten Menschen beträfe. Aber es muss graduell gemacht werden und die kubanische Regierung hat die Möglichkeit, es zu tun. SL. Ein "sui generis" Kapitalismus, wie Sie sagen. YS: Kuba ist eine sui generis Insel. [Sonst sagt sie immer, Kuba sei nur eine kleine unbedeutende Insel. Anmerkung vom Blogger] Wir können einen sui generis Kapitalismus schaffen. [Wie bitte?: Protagonisten und Mitstreiter, die vom kapitalistischsten Staat der Welt, den USA, als Agenten oder Anwälte ausgebildet, gesteuert und finanziert werden, wollen einen kubanischen sui generis - also einen von innen heraus eigenen kubanischen - Kapitalismus schaffen. Absurd. Anmerkung vom Blogger] SL: Yoani Sánchez, vielen Dank für Ihre Zeit und Ihre Anwesenheit YS: Vielen Dank Das Interview wurde wohl im Januar / Februar geführt und ist in seiner deutschen Übersetzung unter dieser Webadresse zu finden. Leider wurde zum Schluss nicht noch geklärt, was Sanchez eigentlich genau unter einem "sui generis", einem besonderen kubanischen Kapitalismus versteht, wenn die Hauptakteure, also Leute wie sie, Agenten oder Anwälte der USA sind. Aber dass sie ganz offen davon sprechen kann, das System des Sozialismus in Kuba ganz abschaffen zu wollen und ein gegenteiliges System, den Kapitalismus, errichten zu wollen, dafür mit den USA zusammenarbeitet und auch Geld dafür bekommt, ohne dass sie verhaftet und angeklagt oder sonstwie daran gehindert wird, zeigt dass das kubanische Regime eigentlich nur noch pro forma und auf dem Papier existiert - oder doch demokratischer ist als in unseren Massenmedien immer behauptet wird.